Gut leben auf dem Land: eine erste Bilanz
In zehn ländlichen Orten hat das Bundeslandwirtschaftsministerium Dialogveranstaltungen im Rahmen des Bürgerdialogs durchgeführt. Nun zog Bundesminister Christian Schmidt gemeinsam mit den Bürgermeistern dieser Orte Bilanz. Eine erfreuliche Bilanz, denn durch die Dialoge haben sich neue Initiativen und stärkere Engagements für die Verbesserung der Lebensqualität in den Orten ergeben.
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Quelle: BMEL/photothek.net
„So unterschiedlich die Orte auch waren – eines war überall spürbar: Die Menschen wissen die Freiräume des Lebens auf dem Lande und den Zusammenhalt in den Orten zu schätzen“, berichtete Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt im Rückblick auf seine Bürgerdialoge. Zur Nahversorgung und Mobilität auf dem Lande unter den Bedingungen des demografischen Wandels sagte er: „Hier helfen keine Einheitsrezepte, sondern maßgeschneiderte Lösungen für die Herausforderungen vor Ort.“
Im Rahmen des Zukunftsforums Ländliche Entwicklung hat das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft am 20. Januar 2016 in Berlin erste Ergebnisse seiner Dialogreihe „Gut leben auf dem Land – was uns wichtig ist“ vorgestellt – gemeinsam mit Bürgermeistern der Dialogorte. In zehn ländlichen Orten hatte das Ministerium von April bis Oktober 2015 mit den Bürgern erarbeitet, was Lebensqualität auf dem Land ausmacht. Dabei wurden die aus der Sicht des jeweiligen Ortes wichtigsten Handlungsfelder benannt, damit diese Lebensqualität auch für kommende Generationen erhalten bleibt.
Einen Überblick über die Orte und Ergebnisse der Dialoge finden Sie hier.
Bürgermeister der Dialogorte berichteten
Gezielt Menschen zum Dialog einzuladen, die sonst in seinem Ort eher nicht in der „ersten Reihe“ stehen, war aus der Sicht von Harald Bernhardt, ehrenamtlicher Bürgermeister aus Zorge (Harz), einer der Erfolgsfaktoren der Dialoge. Die Veranstaltung des Bundeslandwirtschaftsministeriums (BMEL) habe eine neue Gruppe motiviert, sich stärker zu engagieren und mit der Zukunft ihres kleinen Ortes, der mit stark abnehmenden Bevölkerungszahlen zu kämpfen hat, auseinander zu setzen.
Auch andere Bürgermeister der Dialogorte berichteten, dass sich nach den Veranstaltungen neue Initiativen entwickelt hätten. „Wir haben mit dem Dialog Themen sichtbar gemacht, bei denen seit Jahren nichts voran ging“ berichtete Bürgermeister Ludwig Reger aus Rötz in der Oberpfalz - ein Ort, der mit Leerstand zu kämpfen hat. „Nach dem Dialogabend ist es uns als Gemeinde gelungen, mehrere der in unserem Ortskern leerstehenden Gebäude zu erwerben.“
Inhaltlich habe sich beim Dialog in der Orgelstadt Borgentreich das Motiv des Erhaltens wie ein roter Faden durch die Veranstaltung gezogen, erläuterte der Bürgermeister der kleinen Stadt im Landkreis Höxter, Rainer Rauch. Zentrale Themen seien die Gemeinschaft im Ort mit Ehrenamt und Vereinen, der Erhalt von Arbeitsplätzen und Infrastruktur und der Breitband-Ausbau gewesen.
„Erhalten“ als Leitfaden
„Wir brauchen keine neuen Spaßbäder für mehr Lebensqualität, wir müssen vor allem erhalten, was in unseren Orten ist“, so auch Bürgermeister Steffen Raab aus der Gemeinde Weischlitz im Vogtland. Wie in fast allen Dialogorten wurde auch in Weischlitz der Erhalt kleiner Schulen in ländlichen Orten als entscheidender Standortfaktor dafür benannt, dass junge Menschen in den Dörfern bleiben und wieder mehr junge Familien in die Orte ziehen.
„Wenn ein Arzt oder Facharbeiter in unseren Ort ziehen will, dann ist eine gute Schule am Ort ein ganz entscheidendes Auswahlkriterium“, so ein Dialogteilnehmer. Weitere wichtige Themen in Weischlitz waren die Anbindung und Versorgung der Ortsteile, die Nachwuchsprobleme in Vereinen sowie der Ausbau der Jugendarbeit und der touristischen Infrastruktur.
Gute Momentaufnahme gelungen
„Die Dialoge in zehn sehr unterschiedlichen Orten in Deutschland haben uns eine Momentaufnahme ermöglicht, was die Menschen in den Orten aktuell bewegt“, so der Parlamentarische Staatssekretär beim BMEL, Peter Bleser. Er beschrieb in einer persönlichen Rückschau auf die Bürgerdialog-Reihe, wie viel er aus den Begegnungen in den Dialogorten mit nach Berlin genommen habe. „Das Land ist nicht so rückständig, wie manche glauben“. Dieser Satz einer Bürgerin sei ihm gut in Erinnerung geblieben. Davon habe er sich auch bei den Rundgängen in den Dialogorten überzeugen können: lebendige ehrenamtliche Projekte, hochspezialisierte innovative Unternehmen, familiengeführte Handwerksbetriebe und viele engagierte Menschen, die für das Leben in ihren Orten Verantwortung übernehmen.
Die Ergebnisse der zehn Dialoge fließen in die Auswertung aller Antworten aus dem Bürgerdialog im Rahmen der Regierungsstrategie „Gut leben in Deutschland“ ein. Darüber hinaus wird das BMEL sie im Frühjahr 2016 im Hinblick auf eine Weiterentwicklung seiner Politik für ländliche Regionen intensiv auswerten.
Kommentare: 2
Wichtig ist gerade für ländliche Regionen, dass sie nicht abgehängt werden, verkehrstechnisch schnell und bequem zu erreichen sind. Das dient den Menschen dort gerade in einer alternden Gesellschaft und fördert bekanntlich mit die Infrastruktur. Leider erleben wir ja oft, dass gerade ländliche Regionen nicht mehr so gut verkehrstechnisch zu erreichen oder zu verlassen sind, überall wird gespart und gestrichen.
Ehrlich gesagt verstehe ich gar nicht, warum Schlagzeilen in Medien sich mehr für das Misslingen einer gesellschaftspolitischen Auseinandersetzung einsetzen, als Themen wie diese aufzugreifen, um den politischen Konsens in der Gesellschaft zu fördern. Ich finde, die mediale Macht ist eine Kraft, die von vielen Bürgern oft unterschätzt wird. Gerade im Umgang mit "Informationen" ist die eigenverantwortliche Handhabung des einzelnen Bürgers gefordert, der sich selbst, aber auch seine aktuelle Lebenssituation hinterfragen sollte und sich dabei nicht von subjektiven Vorurteilen beeinflussen lassen sollte. Nach den grundsätzlichen Werten der Gesellschaft ausgerichtet sollte das eine für alle tragbare Lebenssituation ergeben, an deren Verbesserung gemeinsam gearbeitet werden kann, wie dieses Beispiel ja zeigt.