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Die Community fragt: Christian Schmidt antwortet

Wir fragen Bürgerinnen und Bürger auf dieser Seite, was für sie wichtig ist im Leben. Gesundheit und Wohlergehen stehen hier an erster Stelle – das der Menschen selber, aber auch das der Tiere.

Veröffentlicht:07.10.2015 Kommentare: 0

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Vinz3 schreibt "Für mich bedeutet Lebensqualität: eine Landwirtschaft frei von Pestiziden, Gentechnik und Tierquälerei." Was antworten Sie ihm darauf, sind dies perspektivisch realistische Ziele?

Christian Schmidt: Eine schöne Definition. Ich kann Ihnen versichern: Im Zentrum meiner Agrarpolitik steht das Schützen und Nutzen unserer natürlichen Lebensgrundlagen und das schließt Ihre Definition, nach dem Machbaren, mit ein. Denn moderne Landwirtschaft nutzt die Produktionsgrundlagen nachhaltig, indem sie umweltfreundlich, ressourcenschonend und effizient wirtschaftet und die Haltungsbedingungen der Nutztiere nach deren Bedürfnissen und selbstverständlich ohne Tierquälerei gestaltet.
In den zurückliegenden Jahren haben wir bereits bedeutende Fortschritte im Hinblick auf Umwelt- und Tierschutz gemacht. Darauf ruhen wir uns nicht aus! Mit meiner Initiative "Eine Frage der Haltung – neue Wege für mehr Tierwohl" werden wir die bereits heute geltenden hohen Standards für mehr Tierwohl verbessern. Ein Beispiel: Anfang Juli habe ich mit der Geflügelwirtschaft vereinbart, dass in der Branche das routinemäßige Kürzen der Schnäbel beendet wird. Den Hühnern und Puten werden die Schnäbel gekürzt, damit sie sich gegenseitig nicht verletzten. Das kann man aber auch durch veränderte Haltungsbedingungen erreichen, indem man dem Geflügel beispielsweise Beschäftigungsmaterial zur Verfügung stellt.
Mein Ziel ist ein flächendeckendes Anbauverbot für grüne Gentechnik in ganz Deutschland. Dafür kämpfe ich! Aktuell werden in Deutschland keine gentechnisch veränderten Pflanzen für die Nahrungsmittelproduktion angebaut und das soll auch so bleiben.

Steffi fragt sich "Ist das was ich gerade esse eigentlich noch gesund? Ist noch irgendetwas unbehandelt? Wie viel Glyphosat oder versteckte Antibiotika nehme ich gerade ungewollt zu mir?" Wie sicher können Bürgerinnen und Bürger in Deutschland sich im Hinblick auf Produktqualität und Kennzeichnung sein?

Christian Schmidt: Unsere Lebensmittel waren noch nie so sicher wie heute! Die Lebensmittelerzeugung und ihre Überwachung in Deutschland sind so organisiert, dass größtmögliche Sicherheit "vom Acker bis zum Teller" gewährleistet wird. Die zuständigen Kontrollbehörden der Bundesländer überprüfen das.
Zusätzlich sorgt das Lebensmittelkennzeichnungsrecht für verlässliche und verständliche Informationen beim Einkauf von Lebensmitteln. So bekommen die Verbraucherinnen und Verbraucher alle wichtigen Informationen unter anderem über die Zutaten und die Haltbarkeit.
Mit der Lebensmittel-Informationsverordnung, die seit Dezember 2014 EU-weit gilt, wurden diese Vorschriften nochmals verbessert. Weitere Informationen dazu finden Sie auf der Internetseite meines Ministeriums unter www.bmel.de/Kennzeichnung.

Auch meto1979 wünscht sich "echte Transparenz in Sachen Lebensmittel" und plädiert dafür, dass beispielsweise bedenkliche Stoffe in Verpackungen oder Pestizidbehandlung deutlich ausgewiesen werden. Was halten Sie von dem Vorschlag, die Kennzeichnungspraktik umzudrehen und statt "ohne Gentechnik" zum Beispiel eher "enthält Konservierungsstoffe" groß auf die Verpackung zu schreiben?

Christian Schmidt: Meine Ziele sind "Klarheit und Wahrheit" auf der Lebensmittelverpackung, gute Verbraucherinformation und der Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor Täuschung.
Die Verbraucher finden grundsätzlich im Zutatenverzeichnis die Information, ob Lebensmittelzusatzstoffe enthalten sind. Sie finden den Hinweis "Konservierungsstoff", ergänzt durch die Angabe des Stoffnamens oder seiner E-Nummer. Mit den Informationen kann der Verbraucher entscheiden, welche Lebensmittel er kaufen möchte.
Für alle Lebensmittelzusatzstoffe, wie Konservierungs-, Farb- oder Süßstoffe, gelten strenge Sicherheitsanforderungen. Sie dürfen bei der Herstellung von Lebensmitteln nur dann verwendet werden, wenn sie gesundheitlich unbedenklich sind, die Verwendung aus technologischen Gründen notwendig ist und die Verbraucherinnen und Verbraucher nicht irregeführt werden. Nur wenn diese Bedingungen erfüllt sind, wird ein Zusatzstoff zugelassen – und bekommt eine E-Nummer.
Auch für den Einsatz von Pflanzenschutzmittel und Tierarzneimitteln gelten strenge Zulassungsverfahren. Bei der Anwendung der Mittel lassen sich Rückstände in Obst und Gemüse oder Fleisch und Milch nicht immer ganz vermeiden. Daher werden in den Zulassungsverfahren für alle Wirkstoffe Höchstmengen für Rückstände in Lebensmitteln festgelegt. Diese Werte sind so bemessen, dass keine negativen gesundheitlichen Auswirkungen zu befürchten sind. Wird ein Rückstandshöchstgehalt überschritten, dann darf das Lebensmittel natürlich nicht mehr verkauft werden.

Viele Verbraucherinnen und Verbraucher legen Wert auf artgerechte Tierhaltung, jedoch verrät der Blick auf die Packung nur selten etwas darüber. Sophie Müller wünscht sich mehr Transparenz über die Tierhaltung bei der Deklaration von Tierprodukten. Welche Bestrebungen gibt es in diese Richtung?

Christian Schmidt: Es ist eine gute Entwicklung, dass die Frage nach der artgerechten Haltung für Verbraucher bei der Auswahl von Fleisch- und Milchprodukten immer wichtiger wird. Ich begrüße diese Entwicklung sehr! Denn es sind die Verbraucher, die an der Supermarktkasse entscheiden, wie viel ihnen Tierwohl wert ist.
Es gibt verschiedene Initiativen, bei denen über die gesetzlichen Standards hinausgehende Anforderungen gelten und die dies auch über eine Produktkennzeichnung sichtbar machen. Zum Beispiel hat der Deutsche Tierschutzbund, auch mit Unterstützung des BMEL, ein Tierschutzlabel entwickelt, mit dem bundesweit Produkte tierischen Ursprungs gekennzeichnet werden. Gestartet wurde bei Schweine- und Hühnerfleisch, langfristig sollen aber für alle Bereiche der tierischen Erzeugung Kriterien für die Vergabe des Tierschutzlabels erarbeitet werden.
Auch tierische Erzeugnisse aus zertifizierter ökologischer Produktion stammen aus Tierhaltungen, die höhere Standards erfüllen, als die gesetzlich vorgeschriebenen. Für Verbraucherinnen und Verbraucher schaffen Öko- und Tierschutzlabel beim Einkauf im Supermarkt mehr Transparenz und Wahlfreiheit. Für weitere Informationen empfehle ich die neue Website meines Hauses www.tierwohl-staerken.de.
Auf europäischer Ebene setze ich mich für die Einführung eines Tierschutzlabels ein. Eine EU-Tierschutzkennzeichnung hätte den Vorteil, auf dem gemeinsamen Markt einen einheitlichen und für alle Verbraucher glaubwürdigen Rahmen zu setzen und international die hohe Qualität der EU-Erzeugnisse zu verdeutlichen. Außerdem könnte die EU auf diese Weise ihre Vorreiterrolle für den internationalen Tierschutz unterstreichen. Mein Haus hat deshalb bei der EU-Kommission die Entwicklung eines Rechtsrahmens für ein freiwilliges Tierschutzlabel eingefordert.

Tierschutz ist allgemein ein beliebtes Thema in den Kommentaren. "Ich kann selbst nur dann gut leben, wenn es auch den uns anvertrauten Tieren gut geht", schreibt beispielsweise Océane. Wie engagiert sich das Bundeslandwirtschaftsministerium konkret für das Tierwohl in Deutschland?

Christian Schmidt: Im September 2014 habe ich die Initiative "Eine Frage der Haltung – Neue Wege für mehr Tierwohl" ins Leben gerufen. Die Initiative umfasst zehn Eckpunktebei denen wir messbare Verbesserungen des Tierschutzes erreichen wollen und auch schon erreicht haben. Dies betrifft sowohl die landwirtschaftliche Nutztierhaltung als auch den Haustier- und Versuchstierbereich.
Ich möchte Ihnen zwei Beispiele geben, wo wir einen großen Schritt nach vorne machen konnten: Zum einen fördert mein Haus ein Forschungsprojekt zur Geschlechtsbestimmung im Ei mit rund einer Million Euro. Diese Technik ermöglicht es, dass bald keine männlichen Eintagsküken bei der Legehennen-Produktion mehr getötet werden müssen. Zum anderen habe ich Anfang Juli mit der Geflügelwirtschaft vereinbart, dass das Schnäbelkürzen ab dem nächsten Sommer beendet wird.
Das ist natürlich nicht alles. Es ist und bleibt viel zu tun für das Tierwohl in Deutschland, auch wenn wir – auch auf europäischer Ebene – schon sehr weit sind. Mein Ziel ist, dass wir die Haltungsbedingungen immer weiter verbessern, damit es den Tieren immer besser geht.
Im Oktober habe ich eine neue Internetseite rund um das Thema Tierschutz freigeschaltet, wo Sie insbesondere auch Informationen für Verbraucherinnen und Verbraucher finden (www.tierwohl-staerken.de).

Wie steht die Bundesregierung aktuell konkret zum Einsatz von Antibiotika in der Nutztierhaltung?

Christian Schmidt: Das Thema hat bei mir allerhöchste Priorität. Antibiotika sind wichtige Instrumente zur Behandlung von bakteriellen Infektionskrankheiten – auch bei unseren Tieren.
Sie sollen aber auch bei unseren Nutztieren nur dann eingesetzt werden, wenn dies therapeutisch notwendig ist, um Resistenzen gegen diese wichtigen Medikamente zu verhindern.
Daher hat die Bundesregierung 2014 das Arzneimittelgesetz (AMG) erneuert. Mit der Gesetzesänderung haben wir erstmals ein Antibiotikaminimierungskonzept verankert. Mit diesem Konzept können die zuständigen Kontroll- und Überwachungsbehörden Betriebe identifizieren, deren Antibiotikaverbrauch auffallend hoch ist. So können die Kontrollbehörden die Betriebe zu konkreten Maßnahmen zur Senkung des Verbrauchs verpflichten. Mein Ziel ist die Reduktion des Antibiotikaverbrauchs in der Tierhaltung auf das absolut notwendige Maß und ich bin überzeugt: Dieses Ziel können wir mit dem Konzept zur Antibiotikaminimierung erreichen.
Ich begrüße auch den sogenannten "One-Health-Ansatz" ausdrücklich, den wir auf dem G7-Gipfel in Elmau festgelegt haben. Bundegesundheitsminister Gröhe und ich verfolgen diesen Ansatz schon seit längerem. Weil wir beide wissen: Erfolgreich gegen Antibiotikaresistenzen vorgehen können wir nur, wenn Veterinär- und Humanmedizin eng zusammenarbeiten.

Ulla Grabenhenrich wünscht sich "eine Landwirtschaft, die ohne Gifte auskommt und gesunde Ernährung für alle produziert. Auch arme Menschen sollten sich gute Produkte leisten können." Wie kann dies erreicht werden?

Christian Schmidt: Ich denke, Verbraucherinnen und Verbraucher haben in Deutschland eine große Auswahl an qualitativ hochwertigen Lebensmitteln zu günstigen Preisen. Die Preise bilden sich dabei frei auf dem Markt. Der Staat enthält sich weitestgehend einer wirtschaftlichen Einflussnahme, sorgt aber durch hohe gesetzliche Anforderungen dafür, dass Lebensmittel sicher und qualitativ gut sind.
Lebensmittel sind Mittel zum Leben. Deshalb muss sich jeder qualitativ hochwertige Lebensmittel leisten können. Die Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland mussten zum Beispiel im Jahr 2014 nur 13,8 Prozent ihrer Konsumausgaben für Nahrungs- und Genussmittel aufwenden. 1970 waren es noch 25,5 Prozent - bezogen auf Westdeutschland.
Ich werbe aber nicht für billig, sondern für preiswert. Die Qualität unserer Lebensmittel ist ihren Preis wert! Die Verbraucher müssen sich diese leisten, die Erzeuger aber auch davon leben können.
Niedrige Preise verleiten manchmal auch dazu, die Lebensmittel nicht richtig wertzuschätzen. Das ist ein Grund dafür, dass in Deutschland über 11 Millionen Tonnen Lebensmittel jedes Jahr weggeworfen werden. Pro Person landen 82 Kilo im Müll – und damit auch 235 Euro! Wenn wir an die vielen hungernden Menschen überall auf der Welt denken und auch an die Ressourcen, die für die Lebensmittelproduktion eingesetzt wurden, dann ist ganz klar: Lebensmittelverschwendung ist ethisch nicht hinnehmbar.
Ich möchte die Menschen für den Wert der Lebensmittel sensibilisieren, zum Beispiel mit der Initiative "Zu gut für die Tonne". Wenn Sie eine gute Idee haben, wie wir die Verschwendung von Lebensmitteln eindämmen können, bewerben Sie sich für unseren Bundespreis "Zu gut für die Tonne", der im kommenden Jahr erstmalig verliehen wird. Informationen finden Sie hier.

Der demografische Wandel hat in einigen Regionen Deutschland bereits heute erhebliche Spuren hinterlassen – mancherorts sieht man Wohnungsleerstand, geschlossene Geschäfte, der Hausarzt etliche Kilometer entfernt, fehlende Verkehrsanbindungen. Viele Familien fragen sich: Was tut die Bundesregierung für davon betroffene ländliche Gemeinden?

Christian Schmidt: Lebendige ländliche Regionen sind ein Schwerpunkt meiner Politik. Innerhalb der Bundesregierung habe ich die Initiative ergriffen, die Aktivitäten für unsere ländlichen Regionen zu koordinieren und die ländlichen Räume stärker in den Fokus zu rücken. Nur wenn die Maßnahmen der verschiedenen Bundesministerien für die ländliche Entwicklung, für den Breitbandausbau, für die Belebung der Ortszentren und die Grundversorgung, für die Ärzteversorgung und die Verkehrsanbindung, für Wirtschaft und Arbeit gut zusammenwirken, werden Lebensqualität und Perspektiven für die Menschen in ländlichen Regionen gesichert.
Allein über die Programme der Bundesländer zur ländlichen Entwicklung im Rahmen der Förderung aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) stehen in Deutschland insgesamt knapp 17 Milliarden Euro aus öffentlichen Mitteln (EU, Bund, Länder und Kommunen) in den Jahren 2014 bis 2020 zur Verfügung – das sind gut 2,4 Milliarden Euro jährlich.
Wir haben ein Bundesprogramm "Ländliche Entwicklung" aufgelegt, um Modell- und Demonstrationsvorhaben, Wettbewerbe und Kommunikationsmaßnahmen zu bündeln. Teil des Programms ist unter anderem das Modellvorhaben "Land(auf)Schwung". Wir setzen damit neue Impulse für Leben, Arbeiten und das Miteinander in ländlichen Regionen. Wir fördern die Entwicklung kreativer Ideen. Wir wollen die Regionen so bei der Weichenstellung für die Zukunft unterstützen.
Um regionale Nahversorgung und lokale Dienstleistungen zu erhalten, habe ich ein Modellvorhaben gestartet: die Mehrfunktionshäuser. Sie vereinen beispielsweise einen Dorfladen mit Landarztpraxis, Pflegestützpunkt, Apotheke oder Einrichtungen für Post- und Bankdienstleistungen mit Bücherei, Gemeindeamt und vielleicht einem Café unter einem Dach. Dafür wollen wir gemeinsam mit den Akteuren vor Ort Ideen entwickeln und zukunftsfähige Projekte umsetzen.
Ein weiteres Beispiel ist die Breitbandförderung. Wir haben seit 2008 eine Million Haushalte in Randlagen, kleinen Siedlungen und Einzellagen angebunden. Wir wollen auch die letzten "weißen Flecken" beseitigen und dem rasant wachsenden Bedarf nach höheren Leistungen der Infrastruktur Rechnung tragen.
In den kommenden Monaten werde ich mit vielen Menschen in ganz Deutschland darüber sprechen, was sie zu einem guten Leben auf dem Land brauchen. Im Rahmen des Regierungsdialoges "Gut leben" werde ich verschiedene Ort in ganz Deutschland besuchen, um zuzuhören: Was zeichnet für die Menschen auf dem Land Lebensqualität aus? Ich hoffe, dass ich dabei viele Impulse für meine Politik für die ländlichen Räume mitnehmen kann.