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Ein Brückenbauer für Deutschland

"Nur der Dialog kann uns Menschen voranbringen", sagt der Schriftsteller Rajvinder Singh. Der gebürtige Inder lebt seit rund 35 Jahren in Deutschland. In einem Gastbeitrag zum Bürgerdialog schreibt der Wahlberliner über Brückenbauer, den Dialog der Kulturen und das Prinzip des Sehens mit sechs Augen.

Veröffentlicht:19.09.2015 Kommentare: 5

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Eine Brücke existiert nicht an und für sich selbst. Sie erfüllt die dankbare Aufgabe, eine Spaltung zwischen zwei Landschaften, eine Kluft zwischen zwei Ufern, aber auch die Schlucht einer

fehlenden Kommunikation unter uns Menschen und Kulturen zu überwinden und zwei entlegenen Seiten zu verbinden. Aber eine Brücke ist eine statische Einheit. Wie eine solche an einer Stelle stehen zu bleiben war nie meine Absicht. Daher entschied ich mich vielmehr ein Brückenbauer zu werden und schrieb ich vor Jahren das Gedicht:

Zwischen Herkunft und Gegenwart: Bin nicht eine Brücke/ ausgespannt zwischen hier und da/ bin nur auf gespanntem Bogen/ ein Wortpfeil/ dialogsüchtig/ zwischen Mensch und Mensch.

Angeleitet von meiner tiefsten Überzeugung, dass nur der Dialog uns Menschen voranbringen kann, habe ich 1993 den Begriff "Dialog der Kulturen" gebildet, als meine Antwort als Heilmittel auf Huntingtons grandiose Diagnose: "Zusammenprall der Zivilisationen", da Diagnose ohne Heilmittel ist nur Halbwahrheit. Somit versuche ich seit Jahren die festgefahrenen Grenzen zwischen Menschen sowie zwischen Kulturen poröser zu gestalten, nicht zuletzt in der Bildungslandschaft in Deutschland. So wie in der Natur, wo sich die Wesensqualität der Genen enorm verbessert, wenn Gene unterschiedlicher Couleur aufeinander treffen, verhält es sich ähnlich mit Kulturen sowie Bildungsmodalitäten und Wissensmerkmalen wenn die unterschiedlichen Memen aufeinander wirken. Das ist genau der Grund warum ich seit über fünfzehn Jahren Interkulturelle Schreibwerkstätten und Vorträge – nicht nur mit deutsch-indischem Inhalt – an Schulen gestalte.

Seit fast 35 Jahren lebe ich inzwischen in Deutschland, 30 intensive Jahre davon habe ich dem Schreiben gewidmet, auf Deutsch versteht sich. Leise und ohne dabei plakativ zu wirken beschwören meine Texte auf meine Schaffensformel: "Mutter Ganges, Vater Rhein". Somit ist es das Anliegen meiner Gedichte und Aufsätze, die deutsch-indischen Fühl- und Denkweisen in Worte zu fassen und sie daraufhin zu ertüchtigen, dass Leser ihnen "zuhören", wenn diese "reden". Ob schweigsam oder laut, jedes dieser Gedichte ist dem zwischenmenschlichen Denken gewidmet. Aber sie verstehen sich keineswegs im Dienste bloßer Harmonie zu sein. Vielmehr treten sie für einen aktiven zwischenmenschlichen und zwischenkulturellen Dialog ein, in dem sich die beiden auf einander treffenden Partner – Individuen, Kulturen oder Nationen – gegenseitig wahrnehmen, sich gegenseitig erreichen. Dafür können wir nicht allein von uns selbst auszugehen, sondern wir müssen zunächst feststellen, wo der Andere steht, seine Richtung, seine Gestalt begreifen, um den Weg dorthin zu zeichnen. Hierzu hilft mir mein Prinzip des Sehens mit sechs Augen. Aus meinen zwei Augen und zweien des Anderen bilde ich mir zwei gemeinsame Augen, um damit eine Sicht der Gemeinsamkeit herstellen zu können.

Um in Zukunft noch viele weitere Brückenbauer für Deutschland zu gewinnen, unterstützt das Auswärtige Amt den internationalen kulturellen Freiwilligendienst kulturweit. Erfahren Sie hier wie das Programm Menschen im Alter von 18 bis 26 Jahren internationale Perspektiven eröffnet.

Kommentare: 5

  • "Nur der Dialog kann uns Menschen voranbringen", jeder Dialog ist besser als Gewalt oder Hass, so lange man miteinander spricht, sich austauscht, hat Frieden, Verständigung und Versöhnung eine Chance. Die Religionen haben zu dieser Thematik leider zu oft versagt, tragen zu wenig für den Dialog von Menschen verschiedener Religionen und Kulturkreise bei. Da sind Brückenbauer wichtig, die verschiedene Ufer miteinander verbinden wollen und können, die zuerst planen, dann Fundamente schaffen, die geeigneten Bauweisen wählen. Brücken sollten begehbar sein, wirklich verbinden, dazu braucht man interessierte Menschen, auch mutige Menschen. Ich war mit meiner Frau in einem kleinen Verein über 22 Jahre Brückenbauer, zufällig war unser Präsident auch beruflich u.a. Brückenbauer, heute fühle ich mich auch noch als Brückenbauer. Gruß- Uwe

  • "Um in Zukunft noch viele weitere Brückenbauer für Deutschland zu gewinnen, unterstützt das Auswärtige Amt den internationalen kulturellen Freiwilligendienst kulturweit. Erfahren Sie hier wie das Programm Menschen im Alter von 18 bis 26 Jahren internationale Perspektiven eröffnet."

    Dieser Hinweis erinnert mich auf belustigende Art und Weise an die alte Bauernregel:
    Wer mit 18 kein Sozialist ist, hat kein Herz. Wer mit 30 immer noch Sozialist ist, hat keinen Verstand.

    Im übrigen bin ich der Meinung, dass Afrika nicht nach Deutschland ausgelagert werden kann ...

  • Ich persönlich bevorzuge Salman Rushdie als Experte in der Beurteilung faschistoider Kulturen, Ideologien und sogenannter "Religionen".

    In einem Artikel auf "schwäbische.de" vom 17.09. unter dem Titel: "Salman Rushdie sieht Meinungsfreiheit in Gefahr" finden wir dazu Folgendes:

    -- "Wir leben in einer Zeit, in der wir Gefahr laufen, beim Eintreten für die Meinungsfreiheit zurückzufallen“, schreibt Rushdie in einem Gastbeitrag für die „Welt“. „Deshalb ist es wichtig, diese Werte gerade jetzt noch einmal zu betonen. Es ist wichtig, dass wir Stellung beziehen. Dass wir standhaft sind. Dass wir sagen: Dies ist die Welt, in der wir leben möchten.“ -- Zitat Ende

    Gemäß der Theorie eines Sigmar Gabriel gehört auch Salman Rushdie zum "Pack", da er sich immer kritisch mit dem Islam auseinandersetzte. Dafür erhielt er auch den Nobelpreis - worauf Sigmar Gabriel noch lange warten kann!

    Im Übrigen bin ich der Meinung, dass Afrika nicht zu Deutschland gehört ...