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Fair kleidet

Mode und schöne Kleidung gehört für viele Menschen untrennbar zum guten Leben – allerdings oft nicht dort, wo Mode produziert wird. Damit auch die Menschen, die unsere Kleidung herstellen, ein lebenswertes Leben haben, hat die Bundesregierung das Textilbündnis ins Leben gerufen.

Veröffentlicht:31.08.2015 Kommentare: 2

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Als am 24. April 2013 morgens gegen halb neun in Rana Plaza der Strom ausfiel, war das zunächst nichts Ungewöhnliches. In Bangladesch fällt der Strom oft aus. Damit die Näherinnen und Näher der Textilfabriken in dem Gebäude in der Nähe von Dhaka in Bangladesch weiterarbeiten konnten, sprangen die Stromgeneratoren an. Doch der 24. April 2013 sollte alles verändern. Was sich mit einem Stromausfall ankündigte, wurde zur größten Katastrophe in der Geschichte der Textilindustrie: Rana Plaza stürzte komplett ein. 1.127 Menschen wurden getötet, 2.438 verletzt. Später stellte sich heraus, dass das Gebäude rechtswidrig mit minderwertigem Baumaterial um drei Etagen aufgestockt worden war. 41 Verantwortliche wurden wegen Mordes angeklagt.

Ein Bündnis für bessere Bedingungen

Nach der Katastrophe in Bangladesch wurde der Mindestlohn für Textilarbeiter um wenige Dollar angehoben, die Kontrollen der Fabrikgebäude verstärkt. Doch die Arbeitsbedingungen sind nach wie vor an vielen Orten nicht auf internationalem Niveau – und für ein gutes Leben reichen sie längst noch nicht aus. In Deutschland wurde deshalb auf Initiative des Bundesentwicklungsministers Gerd Müller im Oktober 2014 das Bündnis für nachhaltige Textilien gegründet. Das Textilbündnis will die sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Bedingungen in der Lieferkette von Textilien und Bekleidung verbessern. Deutschland ist damit Vorreiter für die internationalen Bemühungen auf dem Weg zu fairen Standards in den globalen Lieferketten.

Das Textilbündnis ist deshalb so bedeutsam, weil darin Zivilgesellschaft, Gewerkschaften, Wirtschaft und Regierung zusammenarbeiten und so ihre Kraft und Expertise bündeln. Das Bündnis hat inzwischen über 150 Mitglieder, darunter viele namhafte Bekleidungshersteller. Sie verpflichten sich zu einem verbindlichen und kontinuierlichen Prozess zur Verbesserung der Bedingungen in der textilen Lieferkette – denn auch die Abnehmer in den Industrienationen tragen eine Mitverantwortung für gute Rahmenbedingungen vor Ort.

Hoher Preis- und Konkurrenzdruck

Damit sie bei uns Kleidung für wenig Geld anbieten können, lassen die meisten Modeketten der Industriestaaten in Ländern wie Bangladesch billig Kleidung produzieren – auch in Fabriken wie in Rana Plaza. Die Textilproduzenten hier stehen oft unter großem Preis- und Zeitdruck: Wer Liefertermine nicht halten kann, ist einen großen Auftrag schnell los. Der Leistungsdruck führt dazu, dass die Beschäftigten Überstunden machen müssen. Arbeitstage mit 16 Stunden sind an der Tagesordnung. Arbeitsrechtbestimmungen sind oft außer Kraft, denn die Näherinnen und Näher haben gar keine Wahl – entweder sie akzeptieren den Job, oder sie haben keinen. Die Gründung von Gewerkschaften wird oft gezielt verhindert. Dabei sind die Löhne in der Textilbranche meist so niedrig, dass sie für ein menschenwürdiges Leben kaum ausreichen. Zum Beispiel für Parmin (27): Die Näherin in einer Textilfabrik in Dhaka arbeitet zehn Stunden am Tag – für etwa 70 Euro im Monat.

Wie Parmin arbeiten weltweit etwa 60 Millionen Menschen in der Textilindustrie, die meisten von ihnen in Entwicklungs- und Schwellenländern wie China, der Türkei, Bangladesch, Indien und Tunesien. Hier ist die Textilbranche ein wichtiger Wirtschaftszweig, der zu Wachstum und Entwicklung beiträgt.
Auf Kosten der Beschäftigten: mangelhafte Produktions- und Arbeitsbedingungen
Allerdings gefährden in vielen Ländern mangelhafte Sicherheitsstandards die Arbeiter, und zwar nicht nur in der Kleidungsproduktion, sondern schon beim Anbau von Baumwolle und in der Verarbeitung der Stoffe. Pestizide und Chemikalien können die Beschäftigten krank machen, gerade wenn ihnen keine Schutzkleidung zur Verfügung gestellt wird. Oft bekommen sie auch keine Schulungen für den sachgemäßen Umgang mit den Substanzen, zum Beispiel Chemikalien zum Färben von Stoffen. Fehlende Umweltstandards haben schwere Folgen für die Natur und damit indirekt auch für die Menschen. Gesundheitsschädliche Chemikalien aus Textilfabriken und Pestizide aus dem Baumwollanbau können zum Beispiel die Bevölkerung vor Ort gefährden, wenn sie ungeklärt ins Wasser gelangen.

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Die Verantwortung der Verbraucher

Mit dem Textilbündnis ist bereits ein wichtiger Schritt getan. Aber auch Verbraucher können ihren Teil beitragen – nämlich verantwortungsvoll einkaufen. Zum Beispiel so:

• Achten Sie auf Gütesiegel, die die Einhaltung ökologischer und sozialer Standards bestätigen.
Informationen über die Siegel der Textilindustrie gibt es auf der Website www.siegelklarheit.de. Mit der dazugehörigen App kann man im Laden die Siegel einscannen und die Bewertung abrufen.
• Fragen Sie in Ihrem Lieblingsgeschäft oder bei Ihrer Lieblingsmarke nach, unter welchen Bedingungen die Ware hergestellt wird. Kein Unternehmen kann es sich auf Dauer leisten, Kundenwünsche zu ignorieren.
• Kaufen Sie weniger, aber hochwertigere Kleidung. Verzichten Sie auf billige Kleidungsstücke, die nur eine Saison halten.

Das Unglück von Rana Plaza wird das nicht ungeschehen machen. Aber mit jeder klugen Kaufentscheidung haben die Verbraucher in den Industrienationen Einfluss auf die Lebensqualität der Menschen in den Produktionsländern – weil es einfach fair ist.

Mehr über das Textilbündnis erfahren Sie hier: www.textilbuendnis.com
Viele weitere Informationen gibt es im Internetangebot des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung http://www.bmz.de/de/was_wir_machen/themen/textilwirtschaft/index.html und auf der Sonderseite Textil www.bmz.de/textil

Kommentare: 2

  • Die vielen Primark und KIK Kunden geben ihr Gewissen an der Eingangstür ab, anders kann ich mir so ein sorgloses Shopping-Verhalten nicht erklären. Allerdings ist man auch bei teuren Labels nie sicher, dass fair trade Regeln beachtet werden. Hier ist mehr Aufklärung wichtig, damit die Verbraucher aufwachen. Die Initiative des Ministers geht auf jeden Fall schon in die richtige Richtung!

  • Teuer oder billig kaufen, das müssen wir Käufer selber auch neben dem Gewissen mit unserer Finanz- und Einkommenslage vereinbaren können. Wir brauchen aber eine faire Existenzsicherung für alle Menschen auf dieser Erde. Das kann ein BGE Bedingungsloses Grundeinkommen sein, Menschen müssen hier und da ohne Existenzängste leben und arbeiten können. Aber wollen das die Mächtigen dieser Welt? Werden nicht Menschen reich- vermögender gerade auch durch die Armut vieler anderer Menschen, auf Kosten dieser Menschen, durch die massive Ausbeutung von Menschen, teilweise auch Kindern in der sogenannten 3. Welt? Gruß- Uwe