"Wegschauen ist keine Option"
"Frieden, Freiheit und Sicherheit – was können wir dafür tun?" – unter dieser Fragestellung hat Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen am 21. Juli in Lüneburg mit rund 150 Bürgern diskutiert. Die Debatte im Kulturforum Lüneburg war die erste von zwei Veranstaltungen mit der Verteidigungsministerin im Rahmen des Bürgerdialogs. Ein weiteres Dialogtreffen findet heute in Ulm statt.
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Quelle: Bundeswehr/Twardy
Gruppenbild mit Ministerin – lange nahm sich Ursula von der Leyen in Lüneburg Zeit für Fotos mit den Bürgern. Im Zeichen des Austausches und des Zuhörens stand das 90-minütige Gespräch auf Gut Wienebüttel. Aus ihren zahlreichen Begegnungen mit den Menschen im Lande wisse sie, dass ihnen Sicherheit ganz besonders wichtig sei, berichtet von der Leyen. Das bestätigte Leutnant Helene Heldt, Studentin an der Helmut Schmidt Universität in Hamburg, die im Rahmen dieses Bürgerdialogs "Gut leben in Deutschland" in einem Workshop forschte. Eines der Ergebnisse: "Sicherheit ist ein Gut, das wir sehr schätzen und das weiterhin gesichert und gefördert werden sollte." Und schnell ist klar, Sicherheit hat eine ganze Menge mit gutem Leben in Deutschland zu tun – denn ohne Sicherheit ist es nicht möglich.
Bürger fordert mehr Sicherheit gegen Cyber-Angriffe
Wie facettenreich der Sicherheitsbegriff sein kann, zeigt sich im Verlauf des Gesprächs sehr bald. "Ich glaube, wir brauchen mehr Sicherheit gegen Cyber-Angriffe", findet ein Bürger. Er kann sich der Zustimmung der Ministerin gewiss sein. "Der Angriff der Zukunft ist eher ein Cyber-Angriff", so von der Leyen. Ein pensionierter Soldat ist der Meinung: "Ich habe die Sorge, dass eher zu viel abgerüstet wird – wo bleibt eigentlich unsere Landesverteidigung?" Ursula von der Leyen hört konzentriert zu. Da sind die Sorgen einer jungen Frau: "Was mich wirklich bewegt, ist der Ukraine-Konflikt. Es ist der falsche Weg, diesen Herrn Putin zu reizen." Hier widerspricht die Ministerin entschieden: Der Westen verfolge eine Politik der Besonnenheit. Militärische Optionen stünden nicht zur Debatte. "Wenn wir antworten, dann antworten wir ökonomisch." Ein Bürger, der sich viel mit Osteuropa befasst und dort unterwegs ist, steuert seine Meinung bei: "Der europäische Ansatz in der Ukraine-Krise ist enorm wichtig."
Ministerin: Sicherheit bedeutet ein Bündel von Maßnahmen
Ursula von der Leyen ruft den Menschen in Erinnerung, dass Sicherheit ein ganzes Bündel von Maßnahmen bedeute. Vernetzte Sicherheit – das Zusammenwirken von Entwicklungs-, Außen- und Verteidigungspolitik im internationalen Maßstab. "Wir sehen uns ganz fest eingebunden", so die Ministerin. Deutschland sei gehalten, in der Welt Verantwortung zu übernehmen. Ein Pastor sieht es so: "Der Fokus der Einsätze muss mehr auf das Zivile gelegt werden." Doch Ursula von der Leyen ruft ins Gedächtnis, dass beispielsweise bei der Unterstützung der Peschmerga gegen den menschenverachtenden Terror des IS militärische Hilfe ausdrücklich erwünscht war. "Ich bitte um ein bisschen Verständnis dafür, dass wir, wenn wir gerufen werden, auch einsatzfähig sein müssen." Jedenfalls, so die Ministerin: "Wegschauen ist keine Option." Und sie denkt dabei an die Jesiden im Irak, an den Kampf gegen Ebola in Afrika und an die Seenotrettung der Flüchtlinge im Mittelmeer. "Die Bundeswehr hat bisher über 6000 Menschen gerettet", zeigte sich die Ministerin stolz.
Gäste einig: Bundeswehr steht vor neuen Herausforderungen
Eine Frau, die ehrenamtlich in der Kirche tätig ist, sagte: "Für mich heißt gut leben auch, für jene zu sorgen, denen es nicht so gut geht." Ursula von der Leyen knüpft daran an und benennt die enorme Herausforderung der Unterbringung von Flüchtlingen nach ihrer Rettung – eine europäische Herausforderung. "Es wird noch eine riesige Bewährungsprobe für uns sein."
Viele Gäste dieser Veranstaltung sind sich einig: Die Bundeswehr sieht sich in diesen bewegten Zeiten immer neuen Herausforderungen gegenüber. Angesichts dieser Lage bekennt eine Bürgerin: "Die Bundeswehr hat meine ganze Bewunderung." Und die Ministerin macht klar: "Soldat oder Soldatin zu sein, ist kein Beruf wie jeder andere." Gerade deshalb aber müsse es darum gehen, dass die Streitkräfte optimal ausgerüstet und der Beruf attraktiv seien. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist ihr ein wichtiges Anliegen, betont von der Leyen. "Muss es eigentlich sein, dass ein Soldat alle zwei bis drei Jahre umziehen muss?" Sie findet, nein!
Die Agenda Attraktivität sei auf den Weg gebracht. Leutnant Helene Heldt, Mutter zweier Kinder, zeigt sich mit ihrer beruflichen Situation zufrieden: "Ich kann durchaus Familie und Beruf vereinbaren."
Gegen Ende der Veranstaltung in Lüneburg zieht Moderatorin Tanja Samrotzki ein positives Fazit: Lebhaft, kritisch und facettenreich war der Dialog an diesem Abend. "Wir haben nicht über Friede, Freude, Eierkuchen gesprochen", sondern über Frieden, Freiheit und Sicherheit. Der Zusammenhang zwischen gutem Leben und Sicherheit ist ein Stück weit mehr deutlich geworden.
Kommentare: 2
Ich habe bei einer anderen Armee dienen dürfen und müssen, da wurde befohlen, als Soldat musste man Befehle ausführen und konnte kaum darüber diskutieren, habe genug Strafen bekommen. Nach meiner Meinung kann man ein Militär nicht familiärer machen als ein normalen Betrieb, denn eine Armee hat ja nun mal von der Politik gestellte Aufgaben. Man sollte den Menschen, die zum Bund freiwillig nun gehen, klar von Beginn an sagen, was auf sie zukommen kann und wird, also auch Auslands- Kriegseinsätze ohne Wenn und Aber, nichts beschönigen. Wenn man Standorte immer mehr optimiert, also meist auch reduziert, müssen eben die Soldaten und Offiziere mit umziehen oder einfach nach Hause gehen. In der normalen Wirtschaft ist das doch auch so, wenn Veränderungen kommen, befristete Jobs zu Ende gehen, wie oft haben meine Frau und ich schon Arbeitsorte gewechselt und ich dazu Firmen. Wer also mit und beim Bund das eine will, muss das andere in Kauf nehmen. Gruß- Uwe
Nach meinen Erfahrungen (belegbar) geht unsere „Heeresführerin“ nicht auf qualifizierte Informationen von Spezialisten ein, die über Wissen verfügen, das nach Überzeugung renommierter Experten ermöglichen würde, auch größte Menschenhäufen friedlich im Wohlstand zu organisieren. Deshalb kann ich diese Bemühung von Frau von der Leyen leider nicht ernst nehmen und darf unterstellen, dass sie Bürgerdialoge als Image-Veranstaltungen nutzt.
Nachdem Wegschauen ein gewaltiger machtstrategischer Faktor ist und unsere Demokratie im Jahre 1997 durch ein unscheinbares Rationalisierungsgesetz für die Bundesverfassungsrichter ausgehebelt worden ist, ist es sehr schade, dass Kommentare kaum gelesen werden. Viele wollen sich nur wahrgenommen fühlen, und dafür reicht ihnen das Erscheinen auf einer Internetseite, auch wenn sich die meisten nur für das Entrée interessieren.