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Ruhe, bitte!

Lärm gehört zum Leben dazu. Doch zu viel Lärm kann die Lebensqualität stark beeinträchtigen. Der Umwelt- und Kognitionspsychologe Professor Rainer Guski erklärt die Hintergründe.

Veröffentlicht:11.07.2015 Schlagworte: Umwelt Kommentare: 9

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"Lärm ist immer noch eine unterschätzte Gesundheitsgefahr. Starker oder dauerhafter Lärm kann krank machen, er beeinträchtigt die Leistungsfähigkeit und die Lebensqualität", sagt Bundesumweltministerin Barbara Hendricks. Lärm ist unerwünschter Schall und damit eine Form der Umweltverschmutzung. "Maßnahmen zum Schutz vor Lärm sind deshalb ein wichtiges Aufgabenfeld der Umweltpolitik", sagt Hendricks.

Was wir als Lärm empfinden, ist individuell allerdings sehr unterschiedlich. Professor Rainer Guski von der Arbeitsgruppe für Umwelt- und Kognitionspsychologie der Ruhr-Universität Bochum erklärt das so: "Als Lärm bezeichnen wir unerwünschte Geräusche. Das sind Geräusche, die von passiv Betroffenen negativ bewertet werden. Je lauter sie sind, umso eher bewerten wir sie als Lärm. Geräusche vom Straßen-, Schienen- und Luftverkehr werden von den meisten Menschen als Lärm bezeichnet, aber bei vielen anderen Geräuschen gibt es individuelle Unterschiede hinsichtlich der Bewertung. Das erinnert an Kurt Tucholsky, der gesagt hat: Mein Hund macht keinen Lärm, er bellt nur."

Was sind noch Geräusche, was ist schon Lärm?

Ob zum Beispiel spielende Kinder im Kindergarten in der Nachbarschaft "unerwünschte Geräusche" machen, empfinden Menschen sehr unterschiedlich. Fest steht: Zu viel Lärm ist schädlich. "Lärm verlangt unsere Aufmerksamkeit, denn er unterbricht uns bei den Dingen, die wir tun möchten oder tun müssen – zum Beispiel beim Arbeiten, Lesen, Unterhalten, Schlafen, oder Musik hören", erklärt Guski. Dadurch machen wir unter Umständen mehr Fehler, brauchen mehr Zeit für eine Aufgabe oder müssen beim Sprechen Pausen machen.

Lärm kann sogar krank machen: "Vor allem zwingen laute Geräusche unser Nerven- und Kreislaufsystem zu heftigen Reaktionen, die erst nach einiger Zeit wieder abklingen – falls nicht das nächste Geräusch erneute Reaktionen fordert. Halten solche Situationen über Jahre an, können wir ernsthaft krank werden," so Guski.

Langfristiges Risiko

"Die größten Risiken trägt unser Herz-Kreislauf-System, etwa durch Bluthochdruck, Herzinfarkt oder Herzinsuffizienz", erklärt Guski. "Diese Risiken steigen mit zunehmender Stärke und Dauer des Lärms. Nachts ist derselbe Lärm wesentlich schädlicher als am Tage, weil notwendige Erholungsfunktionen unseres Körpers in der Nacht gestört werden."

Gerade Verkehrslärm in Städten stört. Krankmachender Lärm verursacht Kosten: ganz direkt für die Heilung bei Schädigungen, aber auch indirekte, zum Beispiel, wenn Menschen arbeitsunfähig werden, durch Kosten für Schallschutzmaßnahmen oder Wertminderung von Immobilien.

Alle fünf Jahre werden strategische Lärmkarten erstellt, die die Lärmbelastung an Hauptverkehrswegen und in Ballungsräumen erfassen. Auf Grundlage solcher Lärmkarten werden unter Mitwirkung der Öffentlichkeit Lärmaktionspläne erstellt: Sie sollen Umgebungslärm verhindern, reduzieren und in ruhigen Gebieten einer Zunahme des Lärms vorbeugen. Es hat sich bewährt, dass Bürgerinnen und Bürger an der Lärmaktionsplanung effektiv teilnehmen. Denn die Anwohner kennen die Lärmprobleme in ihrer Umgebung genau und haben oft auch schon Lösungsvorschläge.

Lärmquellen auf der Spur

Lärm zu reduzieren, kann die Lebensqualität deutlich verbessern. Wichtig ist allerdings, den Lärm an der Quelle zu drosseln, statt Schallschutzfenster und Lärmschutzwände einzubauen, so Guski.

Zudem kann jeder Mensch auch selbst weniger Lärm machen. Zum Beispiel, indem wir weniger Auto fahren und stattdessen Rad fahren oder zu Fuß gehen. Wer auf das Auto angewiesen ist, kann durch rücksichtsvolles Fahren und leisere Fahrzeuge viel bewirken.

Wie wichtig ist Ihnen Ruhe und was tun Sie, um Lärm zu vermeiden? Haben Sie Ideen, um für noch mehr gutes Leben in Deutschland sorgen? Beteiligen Sie sich online am Bürgerdialog und beantworten Sie die beiden zentralen Dialog-Fragen.

Kommentare: 9

  • Wir sind vor 10 Jahren von der Stadt aufs Land gezogen, weil wir dem Lärm entkommen wollten.
    Dafür waren und sind wir bereit einige Unannehmlichkeiten in Kauf zu nehmen. Jetzt ist es geplant um uns herum eine große Anzahl von WKAs zu errichten. (Weg mit dem Wald, hin mit Beton und Stahl) FASZIT: Aus der Traum mit Lebensqualität, Ruhe und Altersvorsorge in Form einer Immobilie. Und alles für eine Energieform die absolut keine Alternative zu AKWs ist. Wenn man sich intensiv mit dem Thema beschäftigt stellt man schnell fest, dass es nur um das ganz große Geld geht!

  • Ich wohne in einen sehr kleinen Ort nahe Berlin und Potsdam. Dieser Ort hat den Titel "Künstlerkolonie" und ist ein Staatlich anerkannter Erholungsort. Es wird dadurch natürlich auch eine Kurtaxe erhoben. Immer und immer wieder wird auch durch z.B. unserer Bürgermeisterin vorgebetet, wie toll es doch hier ist und es wird tatsächlich sehr viel Wert z. B. auf Kindererziehung gelegt. Eine sehr große (schöne) Kita liegt direkt an einer Hauptverkehrsstraße. Hier fahren rund um die Uhr Lkw, Pkw und Busse. Verkehrslärm wird - abgesehen von den Abgasen - in extremer Form produziert. Ausschlafen wenn ich Urlaub habe ist nicht möglich. Ab ca. 06:30 Uhr bis 09:00 Uhr donnert der Verkehr durch diese Straße und durch diesen Ort. An den Wochenenden werden wir heimgesucht von Horden von Motorradfahrern, die meinen, dass Laut auch gut ist. Ich bin Ur-Berliner. Habe in Berlin und in Potsdam vorher gewohnt. Hier habe ich aber nur Lärm und Streß. Traurig.

  • Toller Beitrag!

    Ich persönlich empfinde gewisse Lärmquellen nicht als Störung, sondern als Bereicherung, z.B. spielende Kinder, singende Vögel oder sogar laute Musik, wenn sie denn auch meinem Geschmack entspricht.

    Andere Lärmquellen jedoch schon. Vor allem Verkehrslärm. Gut, dass hierauf eingegangen wird:

    "Zudem kann jeder Mensch auch selbst weniger Lärm machen. Zum Beispiel, indem wir weniger Auto fahren und stattdessen Rad fahren oder zu Fuß gehen. Wer auf das Auto angewiesen ist, kann durch rücksichtsvolles Fahren und leisere Fahrzeuge viel bewirken."

    -- das schont zudem auch noch die Umwelt!