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"Häuslebauer und Kreditnehmer profitieren"

Der Leitzins ist derzeit auf einem Rekordtief. Aber was bedeutet das eigentlich für jeden einzelnen von uns? Ein Mehr an gutem Leben? Hermann-Josef Tenhagen, Chefredakteur des gemeinnützigen Online-Verbrauchermagazins Finanztip, gibt Antworten.

Veröffentlicht:21.10.2015 Schlagworte: Finanzen Kommentare: 11

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Herr Tenhagen, was ist eigentlich der Leitzins und warum ist er so wichtig?
H.-J. T.: Es gibt nicht nur einen Leitzins sondern eine ganze Reihe von Leitzinsen. Mit ihnen bestimmt die Europäische Zentralbank, zu welchen Bedingungen sich Banken bei ihr Geld leihen können. Der Leitzins, von dem in der öffentlichen Debatte immer gesprochen wird, ist der Hauptrefinanzierungssatz. Er liegt zurzeit bei 0,05 Prozent im Jahr. Sind die Leitzinsen niedrig, können Banken ihren Kunden auch zu niedrigen Zinsen Geld leihen. Sind die Leitzinsen hoch, wird es für Bankkunden teurer, Kredite aufzunehmen.

Warum ist der Leitzins derzeit denn so niedrig?
H.-J. T.: Die Europäische Zentralbank hat die Leitzinsen gesenkt, damit Banken ihren Kunden zu sehr niedrigen Zinsen Geld leihen und so die Wirtschaft im Euro-Raum ankurbeln können. Dabei geht es der Europäischen Zentralbank (EZB) aktuell nicht so sehr um die deutschen Bankkunden, sondern um Firmen und Verbraucher in Südeuropa. Dort sollen sich Kunden preiswert Geld leihen können, um in ihre Firmen zu investieren, Häuser zu bauen oder zu kaufen und zum Beispiel ein neues Auto oder ein Solardach zu erwerben. Formal beruft sich die EZB dabei auf ihre Aufgabe, die Inflation in der Nähe von langfristig vernünftigen zwei Prozent zu halten. Derzeit liegt sie nahe null Prozent. Wächst die Wirtschaft, können Preise eher steigen und sich dem Inflationsziel nähern.

Welche gesamtwirtschaftlichen Folgen hat das?
H.-J. T.: Die EZB hofft, so die Wirtschaft anzukurbeln und in ein ruhigeres Fahrwasser zu bringen. Außerdem will sie unbedingt eine Deflation vermeiden, also auf breiter Front fallende Preise. Solche fallenden Preise würden dafür sorgen, dass Kunden mit dem Kauf auf noch niedrigere Preise warten und so die Wirtschaft im Euroraum schrumpft, statt zu wachsen. Im ganzen Euroraum ist es durch die Zinspolitik preiswerter, Kredite aufzunehmen, und das Sparen lohnt sich weniger.

Was sind die positiven Aspekte für die Menschen in Deutschland?
H.-J. T.: Positiv aus der Sicht der Menschen in Deutschland sind die niedrigen Zinsen für Kredite, wenn man etwa eine Immobilie oder ein Auto kaufen will oder wenn eine Umschuldung für die Immobilie ansteht. Insgesamt ist es auch für Firmen auf dem deutschen Markt attraktiv, Geld zu leihen und damit zu investieren. Weil in Deutschland Millionen von Menschen in den vergangenen Jahren Arbeit gefunden haben, können Anbieter damit rechnen, dass Kunden auch mehr kaufen können.

Wie betrifft das jeden Einzelnen?
H.-J. T.: Häuslebauer und andere Kreditnehmer profitieren. Steuerzahler profitieren, weil auch der Staat ganz wenig Zinsen für die existierenden Schulden zahlen muss und deshalb die Steuern nicht erhöhen braucht oder gar senken kann. Sparer leiden unter den niedrigen Zinsen und müssen bei den Angeboten von Banken und Versicherungen noch genauer hinsehen. Außerdem haben die niedrigen Zinsen für einen schwächeren Euro gesorgt. Der hilft den Menschen, die in exportorientierten Firmen arbeiten, ihre Arbeitsplätze zu sichern und ärgert die Menschen, die ins Nicht-Euro-Ausland in Urlaub fahren. Denn dort wird es teurer. Mein Tipp: Fahren Sie dieses Jahr nach Griechenland. Es ist preiswert, sorgt für viel Sonne im Urlaub, nützt den Griechen und vielleicht sogar ganz Europa.

Wie kann der niedrige Leitzins die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger verbessern?
H.-J. T.: Die niedrigen Leitzinsen verbessern die Lebensqualität, wenn die Menschen das Gefühl haben, dass sie wieder Arbeit finden oder ihre Arbeitsplätze sicher sind. Gleichzeitig können sie sich vielleicht tatsächlich ihr Traumauto oder ihre Traumimmobilie leisten. Sparern und Lebensversicherungskunden machen die niedrigen Zinsen aber durchaus schlaflose Nächte, weil sie nicht wissen, ob ihre Rücklagen im Alter reichen werden.

Kommentare: 11

  • Und genau das ist absurd. Regeln, die man faktisch nicht einhalten kann, sollte man zumindest mal andiskutieren. Das Geldmengenwachstum (in unserem Fiat-Geld-System bedeutet das: Wachstum von Schulden) ist exponentiell. Zinseszinseffekt. Eine reale Wirtschaft kann nicht exponentiell wachsen. Unmöglich. Allein aufgrund endlicher Resourcen. Man möge sich vergangene Wachstumsraten beliebiger Volkswirtschaften als auch die Funktionsweise des Geldschöpfungsprozess doch gerne mal ansehen.
    Und jetzt sollen diese Zinsen von uns erarbeitet werden? Bei unveränderten Spielregeln bleibt es nicht realisierbar. Wir halten an dieser Regel - für uns gleichbedeutend mit Wahrheit/Realität- dennoch unbeirrt fest. Wieso glauben wir - die sonst so betont Rationalen - in diesem Fall doch an Unmögliches?
    "Eines Tages wird man offiziell zugeben müssen, dass das, was wir Wirklichkeit getauft haben, eine noch größere Illusion ist als die Welt des Traumes." Salvador Dali

  • Es gibt überhaupt kein Recht auf Zinsen - so tun ja viele. Und vergessen wird, dass die Zinsen auch von uns erarbeitet werden müssen. Eben von denen die arbeiten müssen und nicht von Kapitaleinkünften (wesentlich) leben. Lieber jedes Jahr ein % mehr Gehalt als einen Zinssatz von 2, 3%. Wer das Plus seinem Ersparten zufügen will, kann dies ja anstelle einer Verzinsung tun und kommt so wahrscheinlich sogar besser weg.

  • Wow. Herr Tenhagen, glauben Sie sich das eigentlich selbst, was Sie da von sich geben? Jawohl, es lebe das Fiat-Money! Debt Slavery! Politik (und Wirtschaft). Nur noch so eine gruselige Freakshow. "Verbrauchermagazin Finanztip" - das ist ein Widerspruch in sich. Merkt ihr noch was?
    Ich frage mich nur, ob wir es hier mit wirklich bösen Menschen zu tun haben? Menschen, die andere Menschen wissen- und willentlich täuschen? Oder werden wir - die Herde - von genauso unterbelichteten Schafen angeführt? Wissen sie es einfach nicht besser?
    Ich weiß nicht mal welche Antwort für mich erträglicher wäre.
    "Geld wurde erfunden, um Tauschhandlungen zu tätigen. Und deshalb ist es an sich unerlaubt, für den Gebrauch des geliehenen Geldes eine Belohnung zu nehmen, die man Zins nennt." Thomas v. Aquin
    "Der Zinseszins ist die größte Erfindung des menschlichen Denkens." Albert Einstein
    "Geld ist eine neue Form der Sklaverei." Leo N. Tolstoi
    ...aber hey, was wissen diese Menschen schon, Herr Tenhagen?