"Es wäre ja langweilig, wenn wir nichts wüssten."
Ende April werden Elisabeth Miller (18) und Mihaela Craciun (19) am Albert-Einstein-Gymnasium in Magdeburg ihre Abiturklausuren schreiben. Mitte Juni ist ihre Schulzeit dann endgültig vorbei. Im Interview verraten sie ihre Pläne und erzählen, was ihnen außer Bildung im Leben noch wichtig ist.
Elisabeth und Mihaela, ihr steckt gerade noch mitten in den Prüfungen. Habt ihr eigentlich schon realisiert, dass die Schule bald zu Ende ist?
M: Nein, nicht wirklich.
E: Ach, doch, ich finde schon, dass man langsam merkt, dass es zu Ende geht. Ich finde das aber auch nicht so dramatisch. Klar, ich werde meine Freunde und die Freizeit, die ich jetzt noch habe, vermissen, aber ansonsten finde ich es nicht so schlimm.
M: Es wird auf jeden Fall eine Umstellung, weil dann jeder auf sich alleine gestellt ist. Und das realisieren viele noch nicht.
E: Die meisten wissen ja auch noch gar nicht, was sie nach der Schule machen wollen.
Wie ist das bei euch? Habt ihr Pläne?
E: Ich möchte nach Berlin ziehen und International Business an der Hochschule für Wirtschaft und Recht studieren. Eine Freundin von mir macht das gerade und was sie erzählt, finde ich sehr spannend.
M: Ich möchte hier in Magdeburg entweder eine Ausbildung oder ein Duales Studium machen. Irgendwas, auf das ich später weiter aufbauen kann. Wahrscheinlich wird es etwas Kaufmännisches.
Warum machst du lieber eine Ausbildung als zu studieren?
M: Weil es Theorie und Praxis verbindet. Und natürlich spielt auch das Finanzielle eine Rolle. Während der Ausbildung kann ich schon Geld verdienen.
Und was versprichst du dir von einem Studium, Elisabeth?
E: Mich reizt das Auslandsjahr, das zum Studium dazu gehört. Außerdem hoffe ich, dass ich nach dem Studium gleich in einer höheren Position einsteigen kann.
Stand für euch immer fest, dass ihr irgendwann Abitur machen wollt?
E: Ja, immer, weil es mehr Chancen bietet.
M: Das war bei mir auch von Anfang an so. Mit Abitur stehen einfach mehr Optionen zur Auswahl.
Fühlt ihr euch mit dem Abitur gut auf die Zukunft vorbereitet?
M: Nicht wirklich.
E: Ich finde, uns fehlt die praktische Erfahrung. Ich kann nicht kochen, ich weiß nicht, wie ich eine Steuererklärung mache oder was für die Altersvorsorge wichtig ist.
M: Bei anderen Schulformen gibt es zum Beispiel Hauswirtschaftslehre als Fach, am Gymnasium nicht. Diese Unterscheidung finde ich blöd.
E: Ich war zwei Wochen zu einem Schüleraustausch in den USA. Dort gibt es in der Schule zumindest Fächer, die einen besser auf das Berufsleben vorbereiten.
Denkt ihr, dass Bildung euer Leben besser macht?
M: Es liegt grundsätzlich an jedem Einzelnen, was er aus seinem Leben macht, aber Bildung hilft uns dabei, unsere Ziele zu erreichen. Wissen ist Macht.
E: Es kommt darauf an, wie man sein Wissen einsetzt. Auf jeden Fall ist Bildung wichtig, damit man Bescheid weiß und mitdiskutieren kann. Es wäre ja langweilig, wenn wir alle nichts wüssten.
Was ist euch sonst noch wichtig im Leben?
E: Gesundheit. Und ich finde es wichtig, sich für andere Menschen zu engagieren. Das können Kleinigkeiten sein, indem man zum Beispiel etwas spendet.
M: Persönlich brauche ich immer eine Handvoll Menschen um mich herum: meine Familie, meine Freunde. Wenn man im Kern glücklich ist, ist auch alles andere möglich. Man darf nur nicht alleine sein.
Kommentare: 3
Ich befinde mich in derselben Lage wie Elisabeth und Mihaela. Bald schon schreibe ich mein Abitur und obwohl ich bisher durchaus gute Leistungen erbracht habe und weiß, wie ich weiter machen möchte, stimmt es mich ein wenig traurig, dass ich die praktischen Dinge des Alltages nicht ausreichend einüben konnte, weil der Leistungsdruck in der Schule schon enorm groß ist und kaum Zeit für andere Dinge lässt.
Meinem subjektivem Empfinden nach dienen Schulen zur schnellstmöglichen Produktion von Humankapital für unsere Großkonzerne. Man lernt nicht mehr für sich, sondern man lernt, möglichst effizient zu sein. Damit ist jetzt Schluss: Leistung hat schon genug Gesellschaft!
Hallo, mit 18 bzw. 19 Jahren ist man ja noch jung und unerfahren. Ein Schulabschluss ist noch keine Lebenserfahrung. Dazu gehört noch einiges mehr. Z.B. Wie ein Lebenlang der Kontakt zu Freunden aufrecht erhalten werden kann. Oder: Wie der eigene Lebenstandart finanziert werden kann. Oder : Partnerschaft & Familie & Karriere, wie gelingt daß? Eigener Haushalt oder Wohngemeinschaft ? Wie gestalte ich meine Freizeit in der Großstadt ? Was sind meine Ziele, was meine Talente, Begabungen, Fähigkeiten und Fertigkeiten? Was nützt mein Wissen? Bin ich auch "Offline" überlebensfähig?
Es gibt nur ein Leben, die Güte dieses einen Lebens hängt von der Sichtweise des einzelnen Menschen ab, der dem Leben immer nur das abgewinnen kann, was er selbst in der Lage ist auch einzubringen. Bildung ist die einzige Möglichkeit den Horizont zu erweitern und damit eine Weltanschauung zu erlangen. Ich persönlich würde die Bildung des Menschen nicht auf Wissen und Schule beschränken sondern auf das tägliche Leben und dessen Kommunikation ausweiten, ja sogar das einzelne Schicksal mit einbeziehen. Erst die eigene Erkenntnis aus all diesen Lebensinhalten fördert dann die persönliche Bildung und gibt ihr den Sinn für das Bestehende. Es gibt Kompetenzen, die außerhalb jeglicher Norm ihren Bestand haben und nur über das Leben selbst, also den zeitlichen Inhalt gefördert werden können. Jeder Bildungsstand, egal wie geartet oder durch wen vertreten sollte als Herausforderung zur Förderung angenommen werden und nicht einem starren Bildungssystem unterworfen sein.