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Vom Willen, die Welt zu verändern

Social Entrepreneurs hat es in der Geschichte immer gegeben, sagt Felix Oldenburg von Ashoka Deutschland. Er ist Geschäftsführer der Non-Profit-Organisation Ashoka Deutschland und unterstützt Unternehmer, die mit ihre Ideen Lebensqualität verbessern wollen.

Veröffentlicht:29.06.2015 Schlagworte: Wirtschaft Kommentare: 11

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Herr Oldenburg, lässt es sich überhaupt kombinieren, gleichzeitig sozial und Unternehmer zu sein?
Felix Oldenburg: Das ist gar kein Widerspruch. Es gibt viele Märkte und Systeme, die Menschen benachteiligen oder ausschließen, die unsere Umwelt gefährden oder Ressourcen verschwenden. Wo traditionelle Unternehmen, Hilfsorganisationen und Politik an die Grenzen ihrer jeweiligen Logik stoßen, gibt es immer wieder außergewöhnliche Persönlichkeiten, die neue Lösungen nicht nur vorschlagen, sondern auch selbst umsetzen.

Ist das eine neue Entwicklung?
F.O.: Solche Social Entrepreneurs oder Sozialunternehmer hat es immer gegeben. Friedrich Wilhelm Raiffeisen oder Maria Montessori sind historische Beispiele. Ihr Unternehmertum liegt nicht in der Gewinnabsicht, sondern in dem unbedingten Willen, mit einer Idee die Welt zu verändern. Das ist der Grundimpuls für Unternehmerpersönlichkeiten. Egal, wie lange es dauert, bis sie Gewinn erzielen oder bis sie Millionen Menschen für ihre Sache mobilisiert haben. Heute haben wir erkannt, dass man diese Ideen und Persönlichkeiten systematisch finden und fördern muss, um vorher unlösbare Probleme lösbar zu machen.

Sie sagen, Innovationen müssen nicht immer technisch sein. Was sind Innovationen von Sozialunternehmern, die uns heute alle bewegen?
F. O.: Deutschland ist heute ein Land, das vom Export von Technik lebt. Die Wettbewerbsfähigkeit unserer Gesellschaft wird aber nicht davon abhängen, ob wir einen Dieselmotor noch ein Prozent effizienter machen. Wir suchen nach neuen Ideen für gleiche Chancen in der Bildung, nach neuen Modellen der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, nach einer Revolution in der Rolle der älteren Generation, nach Blaupausen für die Integration und so weiter. Abgesehen davon ist die größte, aktuelle Innovation im Automobilmarkt keine technische, sondern mit dem Carsharing eine, die von Sozialunternehmern erfunden wurde.

Welches gesellschaftliche Klima brauchen Sozialunternehmer und was muss sich dafür in Deutschland ändern?
F. O.: Wir brauchen eine Sozialwende in Deutschland, etwa wie die Energiewende. Wir müssen von der Haltung Abschied nehmen, dass der Staat, die Wohlfahrtsträger oder jemand anderes die sozialen Probleme des Einzelnen lösen. Die Sozialwende muss eine Wende sein weg von einem überwiegend staatsfinanzierten Oligopol mit Kostenerstattungs-Listen zu einem Markt mit neuen Ideen, die aus sich selbst heraus wachsen können. Eine Wende von einem Reparaturbetrieb, den man subventioniert, hin zu einer Gründerbewegung, in die man investiert.

Haben Sie den Eindruck, dass in Deutschland zu oft auf Lösungen von außen gewartet wird, anstatt selbst zu handeln?
F. O.: Das habe ich, besonders im Vergleich zu vielen anderen Ländern, in denen es oft mehr Initiative, weniger Vorschriften und auch weniger konkurrierende Angebote gibt. Wir sind aber dabei zu verstehen, dass wir auf einer gewaltigen Ressource sitzen, die wir nicht nutzen. Wir alle haben heute viel mehr Macht, gesellschaftliche Probleme zu lösen als je zuvor. Menschen aller Generationen sind gesünder, besser ausgebildet, besser vernetzt als je zuvor. Selbst komplexe, verteilte Projekte erfordern kaum noch die feste Form eines Unternehmens oder die Ressourcen eines großen Trägers, sondern können "von unten" organisiert werden.

Sie sind Geschäftsführer von Ashoka Deutschland. Wie unterstützt Ashoka Sozialunternehmer?
F. O.: Die besten Sozialunternehmer mit den größten Ideen kommen oft aus den unwahrscheinlichsten Ecken der Gesellschaft. Wir fördern gerade einmal 56 davon. Und ich hoffe, wir werden noch viele entdecken in den kommenden Jahren. Wir bieten ein Stipendium, pro-bono-Dienstleistungen und ein globales Netzwerk von Unternehmerpersönlichkeiten. Die Förderung durch Ashoka ist bei weitem die wertvollste in diesem Bereich. Und weil sie früh beginnt und nicht erst auf den Erfolg wartet, führt sie regelmäßig zu weiteren Ehrungen, Finanzierungen und Unterstützungsangeboten. Der aktuelle Friedensnobelpreisträger Kailash Satyarthi wurde von uns vor 22 Jahren zum Fellow gewählt, lange bevor er die Kindersklaverei in Südasien um über die Hälfte reduziert hatte.

Was zeichnet einen typischen Sozialunternehmer aus?
F. O.: Ganz einfach: eine große Idee. Und dann nicht locker lassen. Nie.

Sozialunternehmer engagieren sich, um die Lebensqualität anderer zu verbessern: Mit welchen Ideen würden Sie für noch mehr gutes Leben in Deutschland sorgen? Beteiligen Sie sich online am Bürgerdialog und beantworten Sie die beiden zentralen Dialog-Fragen.

Kommentare: 11

  • Leider ist es ja in Deutschland so, jeder Verband, Träger, Verein, gGmbH, die oder der soziale Arbeit und Weiterbildung macht, kämpft meist zuerst allein für sich und gegen andere Mitbewerber um öffentliche Aufträge oder Projekte, das Geld- die Finanzen stehen da zuerst im Mittelpunkt, der Mensch ist da als Mitarbeiter oder als Kunde- Klient ein Kostenfaktor. Das mag hart klingen, ist aber so. Vieles konkurriert, auch vom Staat und der Politik so gewollt, es soll ja alles schön billig sein und gut. Man koordiniert die soziale Arbeit und auch die Weiterbildung von Seiten der Kostenträger viel zu wenig, jeder muss da für sich streiten und kämpfen. Die betroffenen Menschen haben oft wenig davon, Hektik und Stress treten oft auf. Die Wirtschaft sollte hier Zeichen setzen, mit Hilfe von Sozialunternehmern, Menschen durch Chance auf Beschäftigung und Arbeit individueller zu helfen, dabei auch deren individuelle Probleme mit dem Prinzip "Hilfe zur Selbsthilfe" lösen zu helfen. Gruß- Uwe

  • Die Energiewende klappt ja kaum hier im Land, eine Sozialwende wird zuerst in den Köpfen der Menschen anfangen müssen, in den Köpfen von Unternehmern , Führungs- und Leitungskräften, von Inhabern und Geschäftsführern und dann auch in den Köpfen der Mitarbeiter und in den Köpfen der Menschen in dieser Gesellschaft allgemein. Oft wird ja der Schöpfergeist, die kreative Mitarbeit, das kritische Mit- und Querdenken der Mitarbeiter in den Firmen fast unterdrückt, durch Hierachien und Kommunikationsmöglichkeiten verhindert oder eingeschränkt. Und sehr viele Betriebsräte denken in den Firmen zuerst an das eigene Wohl in oft schwierigen Zeiten, sind oft mehr ein Anhängsel von Leitung und Führung mit sicher wenigen Ausnahmen. Die Sozialwende wird noch lange zeit Staat, Politik und auch die Wirtschaft beschäftigen und diese auch benötigen. Die 3x D (Druck- Dampf- Donner) beim Job müssen verschwinden, Menschen müssen sich wertschätzen bei der Arbeit und davon gut leben können. Gruß- Uwe

  • Ich finde es gut, wenn man auch die Unternehmer- Inhaber von Firmen mit in die Sozialwende aktiv einbezieht, nicht nur den Staat und die Politik als alleinigen Ansprechpartner sieht bei sozialen- oder auch Arbeitsmarktproblemen.Wir brauchen spürbare Sozialarbeit im täglichen Arbeitsprozess, die Menschen wollen betreut und umsorgt werden, wollen sich wohl fühlen mit oder in Arbeit, wollen die oft genannte Vereinbarkeit Beruf- Familie. Ich spreche bei der Arbeit oft von fehlenden "Wohlfühlagenturen" in den Firmen, wo Menschen für sich und andere was machen und organisieren können, neben der normalen Arbeit.Kleine Dinge können da große Wirkung haben, leider bin ich da meistens alleine und man schaut mich erstaunt an. In den Firmen und Konzernen global und auch national müssen die Mitarbeiter eine bessere Lebensqualität gerade mit und durch Arbeit spüren, sie müssen sich wohl fühlen und man muss auch an deren Familien und Umwelt denken. Mit Geld alleine ist nicht alles zu regeln. Gruß-Uwe