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Die Community fragt: Ursula von der Leyen antwortet

Sicherheit hat einen hohen Stellenwert für ein gutes Leben. Das Bundesministerium der Verteidigung leistet einen wichtigen Beitrag zur Sicherheit in Deutschland. Diese Auffassung teilen viele Bürgerinnen und Bürger, während einige andere die Bundeswehr für unnötig erachten.

Veröffentlicht:22.10.2015 Kommentare: 9

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Nutzer Roth schreibt in seinem Beitrag: "Die Bundeswehr ist das Rückgrat unseres Landes. Oh-ne die Streitkräfte und deren Bündnispartner wäre es nicht möglich, unsere Demokratie und Staatsform zu erhalten." Andere Bürgerinnen und Bürger sind jedoch der Meinung, die Bundes-wehr solle abgeschafft und die dadurch frei werdenden Budgets besser woanders investiert wer-den. Warum braucht Deutschland die Bundeswehr?

Dr. Ursula von der Leyen: Ein wesentlicher Aspekt unserer Lebensqualität ist es, in Deutschland in Frieden und ohne Angst vor Krieg zu leben. Dass wir das können und dass das auch so bleibt, dazu trägt die Bundeswehr bei. Wir haben hier in Deutschland das große Glück, seit mehr als einem halben Jahrhundert in Frieden und in Freiheit zu leben. Für uns ist es selbstverständlich geworden, dass alles – ob Güter oder Informationen – überall und zu jeder Zeit verfügbar sind. Wir sind so mobil wie nie zuvor. Wir können frei unsere Meinung sagen und glauben, woran wir wollen. Freiheit und Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und politische Kultur, Toleranz und die Wahrung der Menschenrechte machen Deutschland und Europa aus.

Diese offene Gesellschaft ist jedoch nicht unverwundbar. Wir müssen sie schützen und bewahren, mit dem gesamten Spektrum unserer nationalen Handlungsinstrumente. Dazu gehören auch Streitkräfte. Wir sind zwar von Freunden umgeben. Doch wir sind im Bündnis, das bedeutet: Andere verlassen sich auf uns. Und genau dieser verlässliche Partner wollen und müssen wir sein. Denn wir haben nicht vergessen, was es für uns über Jahrzehnte bedeutet hat, von NATO und Europäischer Union beschützt zu werden. Sie haben uns Stabilität und Sicherheit gegeben und damit die Möglichkeit, zu dem Land zu werden, das wir heute sind.

Als ein souveränes und starkes Deutschland haben wir Verantwortung in Europa und in der Welt. Und dieser Verantwortung stellen wir uns. Diplomatie wird dabei immer das erste Mittel des deutschen Engagements in der internationalen Sicherheits- und Friedensvorsorge sein, natürlich ebenso der Landes- und Bündnisverteidigung. Doch wir müssen uns notfalls auch militärisch schützen beziehungsweise eingreifen können. Wenn sich beispielsweise ein Völkermord abzeichnet, können wir nicht einfach wegsehen. Dann haben wir die Verantwortung, die betroffenen Menschen oder ethnischen Gruppe zu schützen. Bei einem so schweren Massenverbrechen, wie wir es vergangenen Sommer erleben mussten, als IS-Milizen im Nordirak schlachtend durch die Gegend zogen, ist keine Zeit zu verlieren. Stündlich stieg damals die Zahl der Ermordeten, und eine diplomatische Lösung war nicht in Sicht. Die internationale Gemeinschaft spricht hier von der "Responsibility-to-Protect", kurz RtoP, zu der sich 2005 fast alle Staaten der Erde bekannt haben.

"Die Bundeswehr hat einen friedenserhaltenden Auftrag"

Gauner86 meint: "Wer die Bundeswehr will, will auch Krieg." Würden Sie dem zustimmen?

Dr. Ursula von der Leyen: Ganz entschieden nicht. Das Gegenteil ist richtig. Die Bundeswehr hat einen friedenserhaltenden Auftrag. Es gibt leider viele Regionen in der Welt, in der die Menschen nicht in Frieden leben können. Anschläge, Gewalt und Krieg gehören zu ihrem Alltag. Staatliche Ordnungsstrukturen funktionieren nicht mehr, die Regionen sind instabil und drohen auseinanderzubrechen. Deutschland leistet seinen Teil – national und als Bündnispartner – um Kriege zu beenden, zu verhindern und ihnen vorzubeugen.

Mit dem sogenannten vernetzten Ansatz greifen die unterschiedlichen Instrumente, über die Deutschland verfügt, dabei ineinander. Diplomatie, Entwicklungszusammenarbeit und gegebenenfalls militärisches Engagement werden mit dem Ziel eingesetzt, fragile Staaten wieder zu stabilisieren. Denn Stabilität, Prosperität und Freiheit sind die Voraussetzungen für dauerhaften Frieden. Unsere Soldatinnen und Soldaten schaffen oft die grundlegende und notwendige Sicherheit in einem Einsatzland, um geeignete Entwicklungsansätze zu ermöglichen. Doch wir wissen natürlich: Nachhaltige Lösungen gehen nur über die örtliche Gemeinschaft. Aus diesem Grund wollen wir unsere Partnerstaaten dazu befähigen, eigenständig die Verantwortung für Frieden und Sicherheit in ihrem Land und in ihrer Region zu übernehmen. Wir tun dies bereits in unseren Missionen in Mali, in Somalia, in Afghanistan und im Irak, wo wir die Sicherheitskräfte vor Ort ausbilden und trainieren.

Engen Verbund der europäischen Streitkräfte weiterentwickeln

BenUe hält es für eine gute Idee, die Bundeswehr zugunsten einer EU-Armee abzuschaffen. Was halten Sie persönlich von der Idee einer EU-Armee?

Dr. Ursula von der Leyen: Im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD (für die Zukunft Deutschlands) haben wir "einen immer engeren Verbund der europäischen Streitkräfte, der sich zu einer parlamentarisch kontrollierten Armee weiterentwickeln kann" als Langzeitziel festgehalten. Die Entscheidung darüber müssen jedoch alle EU-Mitgliedsstaaten gemeinsam treffen. Das wird nicht kurzfristig passieren. Doch das Ziel einer europäischen Armee ist richtig und wichtig, sowohl für unsere Sicherheit als auch für unsere zukünftige internationale Relevanz. Wir werden viele Zwischen-schritte bis zu dieser einen Armee brauchen, möglicherweise über eine Europäische Verteidigungsunion.

Es gibt aber auch heute schon erfolgreiche Beispiele der Verflechtung und Integration nationaler europäischer Streitkräfte, z.B. die deutsch-französische Brigade, die jetzt in Mali im Einsatz war, oder der niederländische Kampfverband, der seit letztem Jahr dauerhaft unter deutsches Kommando gestellt ist.

Bundeswehr wirbt um kluge Köpfe und geschickte Hände

Für rainer-bayern ist eine starke Armee Bedingung für Frieden in Deutschland. Seit Aussetzen der Wehrpflicht habe die Bundeswehr allerdings Schwierigkeiten, Nachwuchs zu rekrutieren. Kann die Bundeswehr Ihre Ränge füllen? Was würden Sie sagen – wie stark ist die Bundeswehr?

Dr. Ursula von der Leyen: Um ihre Aufgaben erfüllen zu können muss die Bundeswehr selbstverständlich personell gut aufgestellt sein. Die Bundeswehr steht beim Werben um die klügsten Köpfe und geschicktesten Hände im Wettbewerb mit anderen Arbeitgebern. Das ist für uns Ansporn, die Bundeswehr zu einem der attraktivsten Arbeitgeber in Deutschland zu machen. Mit modernen Arbeitsbedingungen und -umgebungen, hervorragenden Ausbildungs- und Karrieremöglichkeiten und vielen Maßnahmen zur Chancengerechtigkeit und zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Wir haben hier schon ganz ansehnliche Fortschritte erzielt: So ist die Zahl der Freiwillig Wehrdienstleistenden seit Aussetzen der Wehrpflicht 2011 kontinuierlich gestiegen und bewegt sich auf einen neuen Höchststand zu. Auch die Bewerberquote ist merklich gestiegen. Bis zur Jahreshälfte 2015 waren es bereits über 36.000 Bewerber. Darunter sind immer mehr Frauen, was mich besonders freut. Es geht aber nicht nur darum, Personal zu gewinnen. Mit unserer Agenda Attraktivität verfolgen wir deswegen auch das Ziel, all diese qualifizierten, engagierten Menschen dauerhaft an uns zu binden.

"Das Soldatsein ist kein Beruf wie jeder andere"

Nutzerin sandraschoder ist der Meinung, dass "eine bessere Wertschätzung der Bundeswehr in dieser komplexen und globalen Welt unsere Gesellschaft verbessern würde." Wie beurteilen Sie die Wertschätzung der Bundeswehr in der Bevölkerung und wie könnte diese noch verbessert werden?

Dr. Ursula von der Leyen: Die Bevölkerungsumfrage zum sicherheits- und verteidigungspolitischen Meinungsbild 2014 ergab, dass die Mehrheit der Bevölkerung, nämlich 80 Prozent, die Bundeswehr für wichtig erachtet. Knapp 40 Prozent der Bürgerinnen und Bürger empfinden Dankbarkeit und rund 30 Prozent eine innere Verbundenheit mit der Bundeswehr.

Im Alltag der meisten Deutschen ist die Bundeswehr wenig präsent, das Wissen über ihre Leistungen, z.B. in den Auslandseinsätzen, ist eher gering – was auch daran liegt, dass positive Nachrichten es selten in die Schlagzeilen schaffen. Oder ihre Leistungen werden als selbstverständlich wahrgenommen. Für die Bundeswehr und ihre Angehörigen sind auch tatsächlich viele Aufgaben selbstverständlich, auch wenn sie nicht ihrem originären Auftrag entsprechen. So stand und steht außer Frage, dass die Bundeswehr ihren Beitrag zur Flüchtlingshilfe leistet. Sowohl auf hoher See mit der Rettung von inzwischen rund 9.000 Menschen im Mittelmeer, als auch hier in Deutschland. Die Bundeswehr hat bislang mehr als 30.000 Unterkunftsplätze in 70 Liegenschaften zur Verfügung gestellt. Auch bei der Ausstattung der Unterkünfte, beim Transport mit Bussen und bei der Verpflegung unterstützen wir, wo es möglich ist. Wir stellen Zelte, Betten, Küchengeräte und mobile Röntgengeräte. Bis zu 4.000 Angehörige der Bundeswehr stehen kurzfristig als "Helfende Hände" bereit, täglich sind rund 1.400 von ihnen im Einsatz. Und: Knapp 500 Bundeswehr-Angehörige leisten Amtshilfe für das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge.

Die Auslandseinsätze laufen währenddessen unverändert weiter. In Mali, Nordirak, Afghanistan, Kosovo, Sudan, Südsudan, Somalia, Westsahara, Liberia, im Libanon, im Mittelmeer und im Golf von Aden.

Das Soldatsein ist kein Beruf wie jeder andere! Er fordert ein hohes Maß an Engagement, Einsatzwillen Flexibilität. Er bedeutet monatelange Abwesenheit von Zuhause und persönliche Entbehrungen. Und wir dürfen nicht vergessen, dass diese Frauen und Männer bereit sind, für uns – und unsere Gemeinschaft, unsere freiheitlich-demokratischen Werte – im äußersten Falle mit ihrem Leben einzustehen. Dafür verdienen sie unseren Respekt, Anerkennung und Wertschätzung.

Kommentare: 9

  • @Eva-Eva, ich glaube Sie haben meinen Kommentar missverstanden, denn ich bin absolut gegen Waffen, ich bin überzeugt davon, dass sich der Mensch mit Waffen selbst abschafft. Was ich mit meinem Kommentar aufgreifen wollte ist die Globalisierung als Ursache der Flüchtlingssituation in Deutschland. Alle anderen Länder halten sich mit Hilfsaktionen diesbezüglich sehr zurück, zumindest was ich mitbekomme und das obwohl alle Staaten mit verantwortlich sind für die Fluchtursachen. Jetzt greift Herr Putin in die Lage in Syrien ein, was er natürlich unter seinen Möglichkeiten tun muss, denn er ist nun einmal der Mensch der er ist, und Präsident Obama sah darin einen Angriff auf die Demokratie, indem Assad dadurch unterstützt wird. Ich glaube, wir müssen im Zeitalter der überhöhten Geschwindigkeit wieder lernen einen Schritt nach dem anderen zu gehen und nicht alles auf einmal zu wollen. Ich kann Ängste zwar nachvollziehen, fühle mich aber selbst in Deutschland sehr sicher aufgehoben.

  • Man überwacht ja in Deutschland bei uns Deutschen alles, im Interesse unserer Sicherheit. Aber bei Flüchtlingen stellt man sich so zahm an, warum werden nicht sofort deren Handys geprüft- überprüft, auch wegen der Schlepper, Kontakte zu IS u.a., denn die Handys und Kommunikationstechnik ist für Flüchtlinge doch das A und O. Warum packt man hier nicht an, denn kein Flüchtling mit ehrlichen Fluchtgründen dürfte was dagegen haben. Hier sollte man auch den Zoll und BND vernünftig einsetzen, da wären diese erfahrenen Prüfer und Überwacher, auch Kontrolleure richtig für unsere Sicherheit eingesetzt. Gruß- Uwe

  • Die Flüchtlingskrise ist nur ein Teil des Versagens unserer Zivilisation. Kriege und andere Formen von Gewalt, Gegengewalt, Terror und die immer perfektere Überwachung von Menschen gehören dazu.
    Die Mächtigen hetzen uns einfache Leute mehr oder weniger geschickt aufeinander los, mit vielen Gründen und Erwartungen und die Masse der Menschen macht mit.

    Ein Vorschlag an Politik und Regierung in Sachen "Herkunftsort- Herkunftsland der Flüchtlinge". Nicht wenige Flüchtlinge haben ja keine Papiere, wollen dazu auch nichts sagen, sind plötzlich Syrer. Das könnte man ganz leicht prüfen, die Handys und Medientechnik der Flüchtlinge prüfen, ggf. einziehen, kopieren, denn alle Flüchtlinge kommunizieren ja intensiv mit ihren Verwandten und Familien im Herkunftsort- Land. Wer damit nicht einverstanden ist, wird sofort ins Flugzeug gesetzt und nach Damaskus zurück geflogen. Das würde wirken. Was spricht dagegen? Gruß- Uwe