"Wir Deutschen werden immer beliebter"
Wird Deutschland im Ausland eigentlich als ein Land mit hoher Lebensqualität gesehen? Gerda Meuer, Programmdirektorin der Deutschen Welle, hat eine Antwort auf diese Frage und spricht im Interview außerdem über das, was typisch deutsch ist und über die Aufgaben ihres Senders.
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Quelle: DW/M.Müller
Frau Meuer, gilt Deutschland im Ausland eigentlich als Land mit einer hohen Lebensqualität? Und falls ja, was macht diese Lebensqualität aus?
Deutschland ist eine der führenden Wirtschaftsnationen der Welt. Selbstverständlich bringt dies einen überdurchschnittlich hohen Lebensstandard mit sich. Und selbstverständlich bleibt dies auch dem Ausland nicht verborgen, dass es sich hier gut leben lässt. Das bedingungslose Bekenntnis zu Europa hat Deutschland nicht nur Wohlstand, sondern vor allem Frieden beschert. Diese Kombination macht Deutschland attraktiv. Und auch wir Deutschen werden immer beliebter. Die alten Klischees vom strengen Oberlehrer scheinen nun endlich ad acta gelegt. Die Deutsche Welle trägt ihren Teil dazu bei, indem sie mit ihren Nutzern auf Augenhöhe kommuniziert.
Sie reisen beruflich viel und haben auch im Ausland gelebt. Welches Deutschlandbild begegnet Ihnen, wenn Sie unterwegs sind?
Zusammenfassend lässt sich sagen: Das Bild Deutschlands ist geprägt von einem großen Respekt vor der wirtschaftlichen und politischen Stärke des Landes. Als "typisch deutsch" werden zum Beispiel unsere funktionierenden Systeme gesehen: Dass auf dem Busfahrplan steht, der Bus fährt um 13:28 Uhr, und dann kommt er tatsächlich auch um 13:28 Uhr. In Deutschland kann man Leitungswasser trinken, ohne darüber nachzudenken. Auch das wird im Ausland mit Bewunderung gesehen.
Hat sich das Bild Deutschlands über die Jahre verändert?
Zum Glück wird das Bild des "hässlichen Deutschen", das uns an unsere fürchterliche Vergangenheit erinnern soll, nur noch selten ausgegraben. Während meine Generation noch mit einem nationalen Minderwertigkeitskomplex aufgewachsen ist, sind wir heute lockerer, unverkrampfter. So richtig sichtbar wurde das erstmals während der Fußball-WM 2006 im eigenen Land. Wir Deutschen können uns wieder unbeschwert selbst feiern. Das war beim 25. Jahrestag des Mauerfalls so und natürlich bei der gewonnen Fußball-WM im letzten Jahr. Und diese Freude strahlen wir auch aus. Allerdings sind auch die Erwartungen an Deutschland gestiegen. Deutschlands Rolle in der Welt ist eine andere geworden. Immer mehr Menschen wollen wissen, welche Position unser Land in außenpolitischen Fragen einnimmt. Die Deutsche Welle stellt sich diesen Herausforderungen.
Die Deutsche Welle ist der Auslandssender Deutschlands. Welche Aufgabe hat der Sender und warum ist es wichtig, dass es ihn gibt?
Auftrag der Deutsche Welle ist unter anderem, Deutschland in der Welt verständlich zu machen. Nehmen wir, weil es uns und die Welt gerade so bewegt, das Thema Flüchtlinge. Die Deutsche Welle gehörte zu den ersten Sendern, die intensiv über das Drama berichteten und sie widmet sich auch weiterhin intensiv der Thematik. Sie kann dies aus einem deutlich anderen Blickwinkel tun, als nationale Medien, denn: Wir sprechen die Sprachen der Flüchtlinge. Mit Radio-, Online- und Social-Media-Angeboten in 30 Sprachen erreicht die Deutsche Welle täglich Millionen Menschen in deren Landessprachen wie Hausa, Kisuaheli, Amharisch, Paschtu oder Urdu.
Unsere Berichte werden weltweit als sachlich und fair geschätzt, die DW gilt als Sender, der für Demokratie und die Rechte des Einzelnen eintritt. In vielen unfreien Medienmärkten gilt die Deutsche Welle daher seit ihrer Gründung 1953 als "Stimme der Freiheit".
Welches Bild von Deutschland versucht die Deutsche Welle zu transportieren?
Kommunikation ist ein wesentlicher Schlüssel beim Umgang mit aktuellen und bevorstehenden Krisen – sei es die Griechenland- und Euro-Schuldenkrise, die Kriege in der Ukraine oder das oben genannte Flüchtlingsbeispiel. Die Deutsche Welle ergänzt mit ihrer Berichterstattung in medialer Hinsicht bestens das außenpolitische Profil Deutschlands, das auf Dialog statt Dominanz setzt. Wer in der Welt eine meinungsstarke, kompetente und spannende Berichterstattung mit deutscher Perspektive sucht, für den ist die Deutsche Welle die richtige Adresse.
Was macht für Sie persönlich Lebensqualität in Deutschland aus?
Voraussetzungen für ein gutes Leben sind doch – mal abgesehen von Gesundheit und Glück im eigenen Familien- und Freundeskreis – insbesondere politische Stabilität, eine garantierte Meinungsfreiheit und Rechtssicherheit, ein soziales und gutes Bildungssystem, eine gute Gesundheitsversorgung. All das bietet Deutschland. Je länger man im Ausland gelebt hat, umso mehr weiß man diese Vorzüge zu schätzen.
Kommentare: 7
Ist es wirklich wichtig beliebt zu sein? Mir persönlich ist der respektvolle Umgang miteinander viel wichtiger, auch wenn er nicht von Sympathie getragen wird. Was mir fehlt im Zusammenhang mit der derzeitigen Situation hier in Deutschland ist die Gleichstellung aller Menschen, denn das ist Grundanforderung unserer Rechtsprechung. Gleichberechtigung für all die, die aus der Geschichte dieses Landes hervorgegangen sind und sie mit allen Konsequenzen mitzutragen haben. Nun kommen Menschen zu uns, und es sind nicht wenige, die zwar keine Ansprüche an uns stellen, denen wir jedoch Zugang in unsere Sozialsysteme gewähren, als würden sie sie mit tragen. Es muss eine Grenze gezogen werden, die mit dem gegenseitigen Respekt zu tun hat und nichts mit den Landesgrenzen. Angemessene Beteiligung am sozialen Beitrag unserer Gesellschaft ist nicht zu viel verlangt. Eine obligatorische Summe von 10,--€ für Arztbesuche z.B., die das Bewusstsein für diese Leistung anregt und eine Gegenleistung fordert.
Ersetzen Sie im obigen Text die Begriffe "Berichterstattung" und "Kommunikation" durch "Propaganda". Die Rolle, die die DW im Ausland, z.B. bei der "Flüchtlingsberichterstattung", spielt, ist die eines offenen Honigtopfes vor einem Wespennest. In Neusprech nennt man das "Zeichen setzen" oder "Signale geben". Das Signal, welches - leider - ausgesandt wird, lautet: Kommt alle her!
Im übrigen bin ich der Meinung, dass Afrika nicht zu Deutschland gehört ...
Aktuell ist es klar, dass Deutschland und da vor allem "Mom Merkel" sehr beliebt im Ausland sind, was hat man nicht alles in den letzten Monaten für Hunderttausende von Menschen getan und ermöglicht. Deutschland hat da humanistisch eine Führungsrolle in der Welt übernommen, freiwillig, ob das aber immer belohnt und mit Dank gesehen wird von denen, denen man half oder helfen will?
Vielleicht war manche Hilfe zu gutmütig, wurde zu sehr genutzt- ausgenutzt, von zu vielen Menschen auch bewusst oder unbewusst falsch verstanden in bestimmten Regionen, auch als Einladung zum Kommen angesehen, Deutschland macht das schon, schafft das schon. Nicht wenige schon immer oder länger in Deutschland lebende Menschen, denen es nicht gut geht, die sozial benachteiligt sind, sehen das aber anders. Man tut als Staat und Politik augenscheinlich mehr für andere Menschen als für eigene Bürger. Ich erlebe das wieder hautnah. Gruß- Uwe