Kanzlerin Merkel besucht Duisburg-Marxloh
In ihrem dritten Bürgerdialog diskutiert Bundeskanzlerin Angela Merkel heute mit rund 60 Bürgerinnen und Bürgern aus Duisburg-Marxloh über Lebensqualität in Deutschland.
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Quelle: Bundesregierung/Steins
Nach Berlin im Juni und Rostock im Juli nun also Duisburg: Heute trifft Bundeskanzlerin Angela Merkel dort rund 60 Bürgerinnen und Bürger zu ihrem dritten Bürgerdialog. Waren es in Rostock Schülerinnen und Schüler, die mit der Kanzlerin über gutes Lebens sprachen, kommen in Duisburg-Marxloh Menschen zusammen, die sich in ganz unterschiedlicher Weise für ihren Stadtteil engagieren. Vertreter der Kirchen, der Moschee, der Lokalwirtschaft sowie Sozial- und Bildungsträger gehören genauso dazu wie ehrenamtlich aktive Bürgerinnen und Bürger.
Stadtteil mit besonderen Herausforderungen
Marxloh im Duisburger Norden gehört zu den Stadtteilen, die aufgrund des Strukturwandels in den vergangenen Jahrzehnten vor besonderen Herausforderungen stehen. Der Rückzug der Montanindustrie seit den 1970er und 1980er Jahren hat starke Veränderungen gebracht, die Marxloh bis heute prägen: der Verlust von Arbeitsplätzen, sinkende Kaufkraft und der Fortzug ökonomisch stabiler Bevölkerungsschichten. Rund 64 Prozent der Marxloher haben einen Migrationshintergrund. Der Stadtteil ist stark vom Zuzug aus Südosteuropa betroffen: Aktuell wohnen 92 Bevölkerungsgruppen mit unterschiedlicher sprachlicher, religiöser und kultureller Orientierung in Marxloh. Die Bürgerinnen und Bürger, die mit der Kanzlerin diskutieren werden, haben nicht zuletzt vor diesem Hintergrund ihre ganz persönlichen Ansichten, was ein gutes Leben in Deutschland ausmacht.
Was die Marxloher vom Besuch der Kanzlerin erwarten
Mit fünf engagierten Marxlohern haben wir bereits vorab gesprochen und sie gefragt, welche Erwartungen sie an den Bürgerdialog mit Angela Merkel haben:
Anja Eisenberger-Amoah und Mike Amoah, Kinderärzte:
Quelle: Romina Konert
Wie verbessern Sie die Lebensqualität in Ihrem Stadtteil?
"Als Kinderärzte in einem Stadtteil wie Marxloh besteht ein Großteil unserer Arbeit in sozialpädiatrischen Aufgaben. Besonders am Herzen liegt uns die Prävention, zum Beispiel durch Vorsorgeuntersuchungen, RISKID [ein digitales Informationssystem für Ärzte, Anmerkung der Redaktion] und Impfungen. Insbesondere gehen wir auch auf die multikulturellen Bedürfnisse und Fragen unserer Patienten und Eltern ein."
Welche Erwartungen haben Sie an den Bürgerdialog mit der Bundeskanzlerin?
"Wir würden uns eine Sensibilisierung für großstädtische Fragestellungen wünschen, eine Verbesserung des Kinderschutzes und ein anderes Umgehen mit dem medizinischen Versorgungsstatus von nichtversicherten EU-Bürgern."
Halil Özet, Medienbunker und Initiative "Made in Marxloh":
Quelle: Rainer Kzonsek
Wie verbessern Sie die Lebensqualität in Ihrem Stadtteil?
"Ich bin Kameramann und Filmemacher und habe die Initiative 'Made in Marxloh' mitgegründet. Zum ersten Mal haben wir eine Guerilla-Marketing-Aktion zur Eröffnung der Merkez-Moschee 2008 gestartet. 2010 im Kulturhauptstadtjahr haben wir dann 100 Bräute mit Kleidern aus Geschäften der so genannten Hochzeitsmeile hier in Marxloh ausgestattet und sie über die gesperrte A40 laufen lassen. Wir haben versucht, Marxloh ein Gesicht zu geben und die Marke zu prägen, und es hat funktioniert. Das Bild, das wir von Marxloh zeigen wollen, soll ein reales sein: Ja, wir haben Probleme, aber wir haben auch Potenzial."
Welche Erwartungen haben Sie an den Bürgerdialog mit der Bundeskanzlerin?
"Ich hoffe, dass wir es schaffen, unsere Probleme zu transportieren, wie zum Beispiel die zu geringe Betreuung von Zuwanderern. Wir haben viele Projekte für Flüchtlinge und Zuwanderer organisiert, aber irgendwann ist man als Bürger mit seinem Engagement am Ende. Das gilt auch für 'Made in Marxloh'. Die Initiative bräuchte noch viel mehr Zeit und Ressourcen. Wir sind 'Made in Marxloh' und hoffen, dass Frau Merkel unser Potenzial fördert."
Pater Oliver Potschien, Georgswerk:
Quelle: Marc Plotzki
Wie verbessern Sie die Lebensqualität in Ihrem Stadtteil?
"Wir betreiben beispielsweise mit dem Projekt Infirmarium die einzige Notfallambulanz in Duisburg für Menschen ohne Krankenversicherung. Von ihnen gibt es etwa 10.000 in der Stadt. Außerdem sind wir hier im Georgswerk eine Anlaufstelle für rumänische und bulgarische Flüchtlinge und bieten unter anderem Deutschkurse an."
Welche Erwartungen haben Sie an den Bürgerdialog mit der Bundeskanzlerin?
"Ich erhoffe mir, dass sich die Kanzlerin die Sorgen und Nöte, aber auch die Freuden und Hoffnungen der Menschen hier in Duisburg anhört. Und dieses Zuhören würde mir im ersten Schritt auch völlig reichen."
Mehmet Özay, DITIB Merkez-Moschee:
Quelle: Werner Bensing
Wie verbessern Sie die Lebensqualität in Ihrem Stadtteil?
"Ich war bis 2008 Vorsitzender des Moscheevereins hier in Marxloh und bin auch heute noch als beratendes Mitglied in verschiedenen Gremien tätig. Außerdem gehöre ich dem interreligiösen Kreis der benachbarten Kirchengemeinde an und beteilige mich auch sonst an Veranstaltungen, die das Leben im Stadtteil verbessern. Es gibt zum Beispiel den Runden Tisch Marxloh, der sich mit aktuellen Themen beschäftigt. Im Moment ist das zum Beispiel die Zuwanderung von vielen Menschen aus Rumänien und Bulgarien. Wir als Gesellschaft müssen diese Menschen stärker an die Hand nehmen."
Welche Erwartungen haben Sie an den Bürgerdialog mit der Bundeskanzlerin?
"Ich erwarte, dass die Kanzlerin ein ehrliches Bild von Marxloh mitnimmt, kein geschöntes. Deshalb würde ich mir wünschen, dass die Kanzlerin auch einen Rundgang durch Marxloh macht, um die Sorgen und Nöte der Menschen zu spüren und zu begreifen."
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Kommentare: 28
Ganz ehrlich - eine reine Alibiveranstaltung der Kanzlerin mit dem hoch tragenden Titel: Gut Leben in Deutschland! Wo ist die ruestige Rentnerin / Rentner, der hier im Stadtteil geboren wurde, der/die mit anpackte nach dem Krieg alles wieder aufzubauen und der heute Angst hat auf die Strasse zu gehen und seine Tuer von innen mehr wie mit einem Schloss verbarrikatiert? Wo ist sie/er? Nicht geladen ...
Wo ist die Lehrerin einer Ersten Klasse, der Handwerker, der Tankwart, der Polizist und Feuerwehrmann, der Erste Hilfe Sanitaeter, der Busfahrer oder Bimmellenker, der die Probleme aus ganz erster Hand tagtaeglich erlebt? Ich sehe sie nicht ... eben es ist nur eine Alibiveranstaltung. Resultate - Uns geht es gut in Deutschland, Adresse Kanzleramt, Berlin! Leben da denn gar keine Biodeutschen mehr, wegen mir auch aus Ostpreussen, Schlesien, Pommern, Danzig, Sudetengebieten?
Unfassbar wie geschönt der Beitrag geschrieben ist. Es ist doch viel gravierender als hier ansatzweise angezeigt wird. Der durchschnittsbürger in Marxloh empfindet sich seiner Heimat beraubt und im Stich gelassen, welche er sich selbst mit den Händen aufgebaut hat. So ist wohl die gängige Meinung.
Ich denke vom Besuch der Kanzlerin wird viel mehr erwartet als man ahnen mag. Oft habe ich mit ungläubigem Tonfall gehört: "Die Kanzlerin wird sowieso nicht erscheinen." Hier spricht der Zweifel und die Verzweiflung. Und ich gehe davon aus, wenn auf die Hoffnungen der Bürger nicht eingegangen wird, sprich die Kanzlerin nicht die Sorgen und Nöte der Bewohner aufnimmt und versteht, dann wird man die Bürger in Marxloh ohnehin nicht mehr erreichen.
Mal eine Frage umgekehrt auch an Frau Bundeskanzlerin Dr. Merkel, was würden Sie gerne tun, gerne durchsetzen, damit alle Menschen in diesem eigentlich reichen Land existenzgesichert leben, arbeiten, wohnen können, um Ängste aller Art, vor allem Angst wegen Altersarmut, Pflegenotstand, Existenzängste mit und ohne Arbeit verschwinden? Wie kann man mehr soziale Gerechtigkeit zwischen den Menschen herstellen, nicht nur in Deutschland, sondern europa- und weltweit? Was müsste da nach Ihrer Meinung noch passieren, reicht das jetzt beschlossene wirklich aus? Ist Deutschland da national und international gut aufgestellt? Herrscht nicht bei der EU aktuell irgendwie Chaos und brechen da viele Gräben auf zu wichtigen Fragen der Gegenwart und Zukunft , siehe Flüchtlingsströme, Asylsuchende, Steuerrecht, Hilfen da und hier? Sicher sind solche direkten Fragen nicht im Bürgerdialog hier vorgesehen, aber ich möchte das mal in den virtuellen Raum stellen. Gruß- Uwe