"Es gibt ein intensives gemeinsames Nachdenken"
Aus ihrer ersten Bürgerdialog-Veranstaltung nahm Bundeskanzlerin Angela Merkel viele Anregungen aus den Bereichen soziale Sicherung, Bildung und Gesundheit mit. 60 Bürgerinnen und Bürger hatten die Kanzlerin in Berlin getroffen.
empfehlen
Quelle: Bundesregierung/Steins
Studierende und Senioren, Selbstständige und Angestellte, Junge und Alte: Es war eine buntgemischte Runde, die am 1. Juni 2015 Angela Merkel in der Berliner Kulturbrauerei traf. Die Bundeskanzlerin hatte zum Bürgerdialog geladen. Rund 60 Bürgerinnen und Bürger waren dieser Einladung gefolgt und brachten ganz unterschiedliche Diskussionsthemen mit. Immer vor dem Hintergrund der beiden zentralen Fragen: Was ist Ihnen persönlich wichtig im Leben? Und was macht aus Ihrer Sicht Lebensqualität in Deutschland aus? "Ich werde heute meine Antworten darauf nicht sagen, sondern möchte hören, was Ihnen wichtig ist", kündigte die Bundeskanzlerin an.
Download HQ (mp4, 203 MB, Datei ist nicht barrierefrei)
Gäste hatten drei Themenblöcke vorbereitet
Ihre Gäste hatten sich vorab auf drei große Themenblöcke verständigt: soziale Sicherung, Gesundheit und Bildung. Gleich das erste Thema, die soziale Sicherung, brachte viele verschiedene Meinungen, Perspektiven und Ideen hervor. Da ging es beispielsweise um die Frage, ob eine Einheitsrente oder ein leistungsbasiertes System mehr Gerechtigkeit bringt und ob Deutschland nicht noch mehr als bisher auf Zuwanderung setzen muss, damit mehr Menschen in Deutschland arbeiten und damit das Sozialgefüge unterstützen. Ein Teilnehmer aus der Nähe von Leipzig brachte einen weiteren Punkt in die Diskussion ein: "Ich bin Ostrentner, ich würde gerne auch die Westrente haben", sagte er. Für die Angleichung der Renten in Ost und West wolle die Bundesregierung bis zum Ende der Legislaturperiode eine Lösung finden, berichtete die Bundeskanzlerin. Man sei auf einem guten Weg.
Im zweiten inhaltlichen Block ging es um das Thema Gesundheit. Mehrere Dialogteilnehmer meldeten sich zum privaten Gesundheitssystem zu Wort. Mit der Bundeskanzlerin diskutierten sie über die Beitragsbemessungsgrenze und über die Gefahr eines Zweiklassensystems im Gesundheitsbereich. Ziel müsse es sein, dass "alle die Behandlung bekommen, die sie brauchen", sagte die Bundeskanzlerin. Mit der Abschaffung des privaten Gesundheitssystems, das viele Teilnehmer als ungerecht empfanden, seien nicht alle Probleme gelöst, warnte Merkel.
Wunsch nach Aufwertung von Pflegeberufen
Eine Bürgerin sprach die so genannten IGL-Leistungen an, also individuelle Gesundheitsleistungen, die nicht von den gesetzlichen Krankenkassen, sondern vom Patienten selbst bezahlt werden müssen. Weitere Themen waren die Ärzteversorgung in ländlichen Regionen und die Besserstellung von Menschen in Pflegeberufen. Eine junge Ergotherapeutin schilderte etwa, dass sie ihre Aus- und Fortbildung nur mühsam hatte finanzieren können. Ein anderer Teilnehmer berichtete, dass in der vorangegangenen Diskussion aus "Gesundheitswesen" das Thema "gesundes Leben" geworden sei. Damit sei das Themenfeld Gesundheit noch viel breiter, auch eine gesunde Umwelt gehöre dazu. Die Bundeskanzlerin bestätigte, dass Naturschutz immer auch Gesundheitsschutz bedeute.
Eine Öffnung des eigentlichen Themas ergab sich auch in der Diskussion des dritten inhaltlichen Blocks zur Bildung, als Teilnehmer auch europapolitische Themen anschnitten. Eine Lehrerin meldete sich zu Wort und plädierte dafür, dem Thema Bildung eine noch viel größere Priorität zu geben als bisher. An vielen Schulen seien die Klassen viel zu groß, zu oft würden Schüler deshalb einfach nicht ausreichend gefördert. Einem anderen Teilnehmer war die Verbesserung der Weiterbildungsstruktur wichtig. Er selbst hätte viereinhalb Jahre auf einen Platz an einer staatlichen Schule warten müssen, um sein Abitur nachzumachen. Nun besucht er eine private Schule.
Download HQ (mp4, 60,1 MB, Datei ist nicht barrierefrei)
"Deutschland ist das Herz von Europa"
Applaus gab es, als eine Teilnehmerin auf die besondere Bedeutung von Deutschland für Europa hinwies. "Deutschland ist das Herz von Europa", sagte die Italienerin, die seit Jahren in Deutschland lebt. Sie wünscht sich, dass in Europa Bildungs- und Berufsabschlüsse leichter anerkannt werden.
Die Bundeskanzlerin fasste die Anliegen der Teilnehmer in jedem Themenblock noch einmal zusammen und bedankte sich für die inhaltliche Vorbereitung und die durchaus unterschiedlichen Meinungen. Das sei auch gut so, denn "es hat nicht immer einer das Patentrezept". Neben den besprochenen drei Themenkomplexen gebe es zudem noch viele weitere Bereiche. "Ich glaube, wir könnten noch zwei, drei Stunden weiter diskutieren", sagte Merkel. "Ich nehme vor allem mit, dass es ein intensives gemeinsames Nachdenken gibt", sagte die Kanzlerin. "Wir werden alles wissenschaftlich auswerten, gewichten und dann schauen, welche Veränderungen wir durchsetzen."
Kommentare: 12
Hallo Uwe, Du magst Recht haben was die DDR betrifft, doch bei allen Missständen heute und der berühmten Schere, wollte ich die DDR nicht wieder haben. Ich saß aus pol.Gründen in Stasihaft, hätte in die BRD gekonnt, bin aber geblieben, um etwas zu verändern und es mündete in die Zeit 1989.Glaube nicht, dass mir alles jetzt gefällt, zumal ich im Rollstuhl sitze und meine Probleme mit dem GW habe. Man muss um alles kämpfen was man braucht und es werden bewusst Steine in den Weg gelegt.Doch die Probleme sehe ich in der Politik, wenn Menschen entscheiden, die den Anforderungen nicht gewachsen sind.Das Land ist gespalten in die, die die große Kohle bekommen und die, die sich aus den öffentlichen Kassen bedienen und nicht arbeiten wollen. Doch heute hat man zumindest die Gelegenheit das zu tun, was man will, das in beruflicher Sicht. Das gab es in der DDR nicht. [Link oder persönliche Daten den Regeln entsprechend von der Redaktion entfernt] Gruß Gerd
Hallo Gerd, heute wird doch auch in vielen Bereichen nur subventioniert,es heißt anders, aber wie viele Firmen hängen am Tropf staatlicher Gelder,Fördertöpfe, von EU- Geldern,viele Wirtschaftszweige sind subventioniert.Die soziale Schere war damals trotz vieler Ungerechtigkeiten zwischen arm und reich nicht so brechend weit offen wie heute. Ja, im Arbeiter- und Bauernstaat habe ich als Ingenieur und Bauleiter weniger verdient als meine Arbeiter, das war so.Darum wollten und sind ja viele Ärzte u.a. Studierte weg damals in den Goldenen Westen.Wir hatten ja zuletzt 2 Währungen,manche Berufsgruppen haben da doch bald besser gelebt wie heute, Arbeit war genug da, man musste u.a. Handwerker bestechen, damit sie kamen.Vergleiche hinken immer, heute regiert eben "Geld wirklich die Welt", viele Menschen verstehen vieles nicht, auch die Unterschiede bei den Krankenkassen und Versicherungen, das erlebe ich täglich. Eine Kasse gibt es doch auch nur in Schweden, weniger kann MEHR sein. Gruß- Uwe
Hallo Uwe,
Vieles ist schon richtig was Du da schreibst, doch bitte vergleiche das Ganze nicht mit der DDR. Ich komme aus dem DDR-Gesundheitswesen und kenne die Hintergründe der "Einkassenpraktik". Versuch mal zu rechnen, das vom Bürger eingezahlte Geld und was die Kassen gezahlt haben. Du stellst fest, dass das System nur subventioniert wurde. Und es gab keine hochpotente Technik für Diagnostik und Therapie! Dann sehe Dir die Einkommen der Ärzte und des mittleren med. Personals an, viel Zeit für Patienten und am Monatsende ein Gehalt, das unter aller Sau war. Sicher gibt es jetzt zu viele Kassen, das sehe ich auch so, doch man braucht auch eine Wahl. Was die Bürokratie und die Einkommen der Kassenfunktionäre betrifft, stimme ich Dir auch zu, wozu braucht ein Filialleiter einer Kasse an die bis zu 12.000,-€ im Monat und mit welchem Recht? Es braucht in Deutschland eine Reform des GW in allen Bereichen, die Unterschiede zw. Kassen-u.Privatpatienten, das muss abgeschfft werden!
Gerd