Das Dörfliche in die Städte bringen
Was macht Lebensqualität in der Stadt aus? Und wie kann man Städte auch in Zukunft lebenswert gestalten? Dem Thema ist das Wissenschaftsjahr 2015 gewidmet. Wie wir zukünftig im urbanen Raum gut leben wollen und können, damit beschäftigt sich Steffen Braun von der "Morgenstadt"-Initiative am Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO).
empfehlen
Quelle: picture-alliance/Steinberg
Städte leben von Vielfalt. "Gefühlt hat man alles, was man braucht, direkt an der Fingerspitze", sagt Steffen Braun von der "Morgenstadt"-Initiative am Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO). Dennoch stehen urbane Lebensräume vor gewaltigen Herausforderungen, um weiterhin lebenswert für ihre Bewohner zu sein. Packt man diese Herausforderungen interdisziplinär an, bleibt auch die Lebensqualität in Städten erhalten. "Das ist ein Lernprozess hin zur Stadt von morgen, der ergebnisoffen sein sollte und gemeinsam mit den Bürgern und weiteren Akteuren aus Wirtschaft und Wissenschaft angegangen werden muss", sagt Braun.
Dörfer als Inspirationsquelle
Natürlich geht es um Themen wie Energie und Nachhaltigkeit, Verkehrsregulierung und Mobilität. "Wir alle wollen komfortabel leben und zum Beispiel schnell von A nach B kommen", sagt Steffen Braun. Aber auch von ländlichen Strukturen können sich Städte und ihre Planer inspirieren lassen. So wird etwa das Thema "lokale Identität" in Zukunft im urbanen Raum wichtiger. "Städte sind bisher häufig riesige, anonyme Gebilde. Das einzelne Stadtquartier auf kleinem Raum kann sich aber zu einem stärker vernetzten Lebensraum entwickeln", so Braun. "Wenn man im übertragenen Sinne mit Pantoffeln zur Arbeit gehen kann, also Leben und Arbeiten zusammen gedacht werden, dann erhalten Städte eine neue lebenswerte Eigenschaft."
Was Städte von Dörfern lernen können, ist also vor allem, die soziale Qualität zu fördern und sich direkter zu vernetzen – vor der eigenen Haustür, im eigenen Quartier und, wenn die Bewohner es wollen, aus eigenem Antrieb.
Die Verwaltung als Dirigent
Damit auch umfassende Themen gelingen, müssen mehrere Faktoren zusammenkommen, erklärt Steffen Braun: Nach der Idee benötigen Stadtquartier-Projekte nicht nur neue Finanzierungsmöglichkeiten. "Stadtverwaltungen müssen sich selbst weiterentwickeln können und die Akteure miteinander stärker kooperieren." Die genaue Ausgestaltung kann dabei ganz unterschiedlich ausfallen. "Eine beispielhafte Initiative gibt es etwa in Wiesloch bei Heidelberg. Dort haben sich die Bürger zusammengeschlossen, um selbst ihre Straßenbeleuchtung zu organisieren und finanzieren."
Werden Projekte von Verwaltungen selbst angestoßen, helfen neue Angebote und Anreize bei der Umsetzung und Unterstützung durch die Bewohner. "Das Orchestrieren aller Faktoren ist die eigentliche Herausforderung", sagt Braun.
Scheitern erlaubt
Bei allen Ideen betont Braun, dass engagierte Bürger und Stadtverwaltungen auch das Scheitern lernen müssen – ein Patentrezept für die Herausforderungen an die Stadt der Zukunft gibt es schließlich noch nicht. "Ideen in bürgerbestimmten Reallaboren erproben, das Engagement der Bürger in der Umsetzung fördern und das Ergebnis des Prozesses offen lassen, das bringt Städte voran", resümiert Steffen Braun.
Inhalte teilen