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Dialoge für mehr Lebensqualität

Bürgerdialoge bieten sich an, um daraus neue Messgrößen für Lebensqualität abzuleiten, sagt Dr. Stefan Bergheim, Direktor der Denkfabrik "Zentrum für gesellschaftlichen Fortschritt". Warum, das beschreibt er in seinem Gastbeitrag.

Veröffentlicht:13.04.2015 Kommentare: 4

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Stefan Bergheim Stefan Bergheim Quelle: Bundesregierung/Loos

Breit geführte Dialoge sind für Veränderungsprozesse in Gesellschaften unerlässlich. Der erste Vorschlag der Arbeitsgruppe "Wohlstand, Lebensqualität und Fortschritt", die ich 2011/12 im Zukunftsdialog der Bundeskanzlerin leiten durfte, war daher ein Bürgerdialog zu Lebensqualität. In ihm soll ein gemeinsames – und gleichzeitig pluralistisches – Verständnis von Lebensqualität entwickelt werden.

Aus solchen offenen Dialogen lassen sich sowohl Messgrößen für Lebensqualität, als auch konkrete Handlungen ableiten, die in der Bevölkerung und bei den politischen Entscheidern gut verankert sind. Viele Lebensqualitätsprozesse rund um den Globus von Tasmanien über Vancouver bis Schottland haben gezeigt, wie das zu einem wirklichen Mehr an Lebensqualität führen kann.

Zuhören und respektieren

Dialog bedeutet "durch Worte" und meint das Gespräch und die Kommunikation miteinander. Idealerweise geht es um ein tiefes Verstehen des Anderen (David Bohm) und um eine Konversation mit einer Mitte statt mit Seiten (William Isaacs). Dazu sollte man zuhören können, die Sichtweise des Gegenübers respektieren und eigene Gedanken und Meinungen zunächst zurückstellen. Leicht ist das nicht immer, aber mit Hilfe offener Gastgeber und geschulter Prozessbegleiter und deren großem Werkzeugkasten an Dialogmethoden gelingt es.

Eine offene Vorgehensweise mit Fragen wie "Was ist Ihnen persönlich im Leben wichtig?" lässt den Menschen viel Raum für ihre Perspektiven. Die Auswertung dieser Vielfalt wird nicht einfach. Aber die Einblicke werden vermutlich wertvoller sein, als eine Auswahl von Elementen aus einer Liste.

Zitat

Dialog bedeutet "durch Worte" und meint das Gespräch und die Kommunikation miteinander.
Dr. Stefan Bergheim

Schöne Aussichten für Frankfurt

Ein Dialog über Lebensqualität war auch das erste Element unseres Prozesses "Schöne Aussichten – Forum für Frankfurt", der Ende 2013 begann. Wir haben sehr offen gefragt "Was ist Ihnen im Leben wichtig?" aber auch "Was tut Ihnen im Herzen weh, wenn Sie an Frankfurt denken?". Besonders aktiv sind wir auf Menschen zugegangen, die in öffentlichen Diskursen nicht so oft gehört werden: Jugendliche, alte Menschen, Alleinerziehende, Migranten usw. Alle Befragten freuten sich, dass sich jemand für ihre Perspektiven interessiert. In den Gesprächen wurden auch viele Ideen für eigenes Handeln entwickelt. Quer über die Gruppen hinweg haben wir immer wieder gehört, wie sehr den Menschen das respektvolle Zusammenleben in Frankfurt am Herzen liegt. In anderen Städten mag es andere Prioritäten geben – ein Dialog für mehr Lebensqualität dürfte aber überall wertvoll sein.

Kommentare: 4

  • Ein Wohlgefühl sollte schon beim Aufstehen in den Tag die Motivation hervorrufen, die erforderlich ist, um seine ganz persönlichen Herausforderungen anzunehmen. Wenn jeder versucht den anderen dabei als gleichberechtigten Partner ohne Vorbedingungen zu sehen, dann werden Reibungsverluste klein gehalten und man könnte sich auf das Wesentliche im Leben konzentrieren, nämlich die menschliche Fortbildung unter Lebensbedingungen, die für jeden tragbar sind oder werden. Es gibt unzählige Dinge, die wir in Deutschland verbessern könnten und ich glaube, die Politiker wissen genau was es alles ist. Die Frage jedoch ist die, wer hat den Mut die Verantwortung für dieses Leben an die abzugeben, die diesem Leben zu Grunde liegen und nur seine politischen Mittel dafür einzusetzen, die Resultate daraus zu optimieren. Mit Hilfe allein ist es nicht getan, es muss Hilfe zur Selbsthilfe sein, die dem einzelnen seine Selbstbestimmung so weit wie möglich gewährt, aber auch fordert.

  • Respektvolles Zusammenleben in Frankfurt – gibt es, abhängig vom Stadtteil indem man lebt. Wie in jeder Großstadt in Deutschland. Im öffentlichen Diskurs sollten die Menschen stehen, oder mehr gehört werden, die den Laden, samt ihrer Tätigkeit Herr Stefan Bergheim, finanzieren. Schöne Aussichten für Frankfurt ist die Headline eines Werbeprospektes. Dazu passen die Pläne, auf weitere Ackerflächen, Grünland , "bezahlbaren" Wohnraum in großen Ausdehnungen zu schaffen und den noch intakten Stadtteilen wie z.B. Harheim oder Nieder Erlenbach damit auf die Pelle zu rücken, nicht. Lebensqualität in Frankfurt ist eine Frage des Geldbeutels geworden und wehe dem, der nicht mithalten kann. An eine Umkehrung der Verhältnisse, oder eine Art Bestandsschutz für einzelne Stadtteile glaube ich nicht, siehe Ostend. In Nieder Erlenbach sind Zugewanderte Erlenbacher, was damit zusammenhängt, dass es hier weder sozialen Wohnungsbau noch einen U-Bahn Anschluss gibt, die Mehrheit deutschstämmig ist.

  • Umso mehr sollten wir den verbleibenden REST nicht dazu verschwenden, uns einzureden, wir könnten grundsätzlich nicht richtig denken.