Willkommen im Blog

Die Community fragt: Wolfgang Schäuble antwortet

Steuergerechtigkeit ist vielen Bürgerinnen und Bürgern im Bürgerdialog wichtig für ein gutes Leben. Aber auch andere Finanzthemen wie zum Beispiel die Staatsverschuldung beschäftigen sie. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble beantwortet die Fragen aus der Community.

Veröffentlicht:19.10.2015 Kommentare: 3

empfehlen

Ein Nutzer schreibt: "Ich fände es wichtig, dass Einkommen steuerlich gleich behandelt wird. Und wenn es schon eine ungleiche Behandlung gibt, dann sollte Einkommen aus Arbeit besser gestellt werden als Einkommen aus Kapital und nicht umgekehrt."

Wolfgang Schäuble: "Natürlich sollten alle Einkommen möglichst gleichmäßig besteuert werden. Es reicht aber nicht aus, wenn das nur auf dem Papier steht. Die Abgeltungsteuer auf bestimmte Kapitalerträge wurde eingeführt, um der Steuerflucht ins Ausland zu begegnen. Wir arbeiten intensiv daran, das Problem anderweitig in den Griff zu bekommen: nämlich indem die Steuerverwaltungen vieler Staaten Informationen über Kapitaleinkünfte untereinander automatisch austauschen. Bereits rund 100 Staaten und Gebiete wollen mitmachen. Wenn das umgesetzt ist, dann lässt sich über eine Abschaffung der Abgeltungsteuer reden. Zu berücksichtigen ist dann allerdings auch, dass viele Menschen es kritisch sehen, wenn sie hohe Steuern auf Zinsen zahlen sollen, die auf Ersparnisse aus versteuertem Arbeitseinkommen gezahlt werden."

"Jeder soll nach seiner Leistungsfähigkeit besteuert werden"

Ein Nutzer stellt die folgende Frage: "Warum muss ein Single mehr Steuern bezahlen als eine Familie?" Auch ein weiterer Nutzer fordert: "Gleicher Steuersatz für alle!" Warum gibt es unterschiedliche Steuersätze?

Wolfgang Schäuble: "Jeder soll nach seiner Leistungsfähigkeit besteuert werden. Deswegen zahlen Menschen mit höherem Einkommen einen größeren Anteil davon an Steuern als Menschen mit einem geringeren Einkommen. Und Menschen, die andere zu versorgen haben, zahlen weniger Steuern als Menschen mit gleich hohem Einkommen, die das vollständig für sich selbst nutzen können."

Steuergerechtigkeit ist auch einer anderen Nutzerin wichtig. "Keine Steuerprivilegien für Konzerne!" fordert sie und fragt: "Wie kann es sein, dass Konzerne wie Apple, IKEA, Starbucks keine Steuern zahlen?" Was unternimmt die Bundesregierung gegen die aggressive Steuergestaltung international agierender Konzerne?

Wolfgang Schäuble: "In der globalisierten Welt werden Waren- und Kapitalströme immer mobiler. Einkünfte stammen zunehmend aus immateriellen Werten wie Patenten und Lizenzen, deren Zuordnung zu einzelnen Staaten nicht immer einwandfrei möglich ist. International tätige Konzerne können sich dann die für sie günstigen ‚Rosinen‘ aus den verschiedenen Steuersystemen herauspicken. Wir arbeiten deswegen mit Nachdruck daran, zu einer besseren internationalen Abstimmung der Staaten zu kommen. Mit einer von Deutschland maßgeblich vorangetriebenen gemeinsamen Initiative der Industriestaaten (OECD) und der Gruppe der wirtschaftlich bedeutendsten Staaten der Welt (G20) sind wir schon sehr weit vorangekommen. Noch 2015 wird ein internationaler Aktionsplan vorgestellt, mit dem die legalen Möglichkeiten zur Steuervermeidung erheblich eingedämmt werden ("BEPS-Initiative gegen Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung").

Steuersystem vereinfachen

Viele Bürgerinnen und Bürger sind mit dem komplexen Steuerrecht überfordert. "Wenn Sie etwas tun wollen, dann sorgen Sie für eine radikale Vereinfachung des Steuerrechts. Ein einfaches Steuersystem würde für Wachstum sorgen", fordert ein Nutzer.

Wolfgang Schäuble: "Wir wollen ein möglichst einfaches Steuerrecht. Wir wollen aber auch, dass unsere persönlichen Verhältnisse bei der Festsetzung der Steuern entlastend berücksichtigt werden – also ein gerechtes Steuerrecht. Das steht manchmal im Widerspruch zueinander. Wer die einfache Welt will, kann nicht gleichzeitig Gerechtigkeit in jeder Einzelfrage fordern. Auch ist die Lebenswirklichkeit der Bürgerinnen und Bürger immer komplexer geworden – das schlägt sich in der Steuererklärung nieder. Wo wir vereinfachen können, wollen wir dies tun. Daher arbeiten wir an einer möglichst einfachen Handhabbarkeit des Steuerrechts durch eine starke Nutzung moderner Informationstechnologien."

"Bauen Sie endlich unsere Staatsschulden ab und erlangen Sie Unabhängigkeit von der Finanzwirtschaft", fordert ein Nutzer, ein weiterer schreibt "Deutschland braucht wie Griechenland einen Schuldenschnitt, es kann die 2 Billionen Schulden nie zurückzahlen."

Wolfgang Schäuble: "Wir haben es geschafft, dass der Bundeshaushalt ohne neue Schulden auskommt und auch alle öffentlichen Haushalte in Deutschland zusammen-gerechnet ohne neue Schulden auskommen. Gleichzeitig nimmt die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit in Deutschland kontinuierlich zu, das Bruttoinlandsprodukt (BIP) wächst. Auf diese Weise nimmt die ausstehende Staatsverschuldung im Verhältnis zur wirtschaftlichen Leistungskraft Deutschlands rasch ab – von mehr als 80 Prozent des BIP noch 2012 innerhalb der nächsten Jahre auf zunächst unter 60 Prozent. Das ist sinnvoller als zu versuchen, alle öffentlichen Schulden in Deutschland zu tilgen. Auf diese Weise wahren wir die Gerechtigkeit zwischen den Generationen, weil die Lasten früherer Schulden nicht nur eine einzelne Erwerbstätigengeneration treffen. Und wir erhalten die nötigen Spielräume, um auch über die richtigen Investitionen gezielt Vorsorge für die Zukunft zu leisten."

Kommentare: 3

  • Sehr geehrter Herr Schäuble,

    ich glaube nicht das jemand in Deutschland gut leben kann wenn man die Notlage durch einen unverschuldeten Wohnungsbrand (Schwierigkeiten mit der Versicherung/Unterlagen verrusst/verloren) vom Finanzamt Ansbach gnadenlos ausgenutzt wird und Pfändungen angeordnet werden weil man die Steuererklärung nicht abgeben kann weil die Unterlagen wegen dem Wohnungsbrand fehlen.

  • Steuern. Genauso sinnfrei, wie unser Geldsystem. Da scheinbar kein Mensch Interesse daran hat unsere Gesellschaftssysteme mal viel grundsätzlicher zu hinterfragen, können wir jedoch gerne so tun als würde es etwas bringen hier und da ein paar Stellschrauben zu drehen:
    1. aggressive Steuerplanung: Die Fortschritte im BEPS Aktionsplan sind beachtlich. Wenn man sich die einzelnen Maßnahmen anschaut merkt man nur schnell, dass sie sich gegenseitig aushebeln. Wenn Staaten einerseits um die Ansiedlung der Multis boulen müssen, andererseits Pseudo-Gerechtigkeit vorgaukeln müssen, ist das der fairnesshalber aber eben keine leichte Aufgabe.
    2. Die schwarze 0: Meisterleistung, Herr Schäuble! In einem Geldsystem, wo gilt: "meine Ausgaben sind deine Einnahmen" bedeutet Nicht-Ausgaben (Sparen) folglich was? Richtig, keine Einnahmen.
    Kurz um: In Abhängigkeitssystemen ist es vollkommen egal was Sie machen, Herr Schäuble. Aber ich weiß, Irrelevanzen zu thematisieren ist nun mal Ihr Job als Politiker.

  • Guten Abend,
    1. Die Medien sprechen von 1 Billion € gestohlenes Volksvermögen der EU, das jedes Jahr von Multi Konzernen auf Steueroasen verschoben wird.
    Frage: Was tut man dagegen? Und wie viel konnte man bereits davon zurückholen?
    Frage: Was passiert mit den Geldern auf Steueroasen - man spricht von Global ca. 20-30 Billionen € ?
    Frage: Wie viel EU und BRD "Schwarzgelder" konnten in den letzten Jahren aus "Schweiz und sonst. Steueroaasen " zurückgeholt werden?
    2. Wie viel gestohlenes Volksvermögen "Schwarzgelder" kommen aus Steueroasen anonym oder auf illegale Art und Weise zurück und diese Betrüger kaufen auch noch damit unsere wunderschönen Häuser, Grundstücke und auch Unternehmen auf?
    3. Wie unterstützen sie Facing Finance bei der Aufdeckung von Verletzungen der Menschenrechte, Umweltverschmutzung, Korruption und der Herstellung völkerrechtswidriger Waffen durch Unternehmen? Gruß Werner [Link oder persönliche Daten den Regeln entsprechend von der Redaktion entfernt]