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Bürgerdialog in Jamlitz

Am vergangenen Samstag diskutierten junge Menschen, die aus schwierigen Familienverhältnissen stammen oder zeitweise auf der Straße lebten, über gutes Leben und Lebensqualität.

Veröffentlicht:10.08.2015 Kommentare: 5

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Im alten Bahnhofsgebäude im brandenburgischen Jamlitz fand am Samstag der 115. Bürgerdialog statt. Sieben Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Ständigen Vertretung der Straßenkinder trafen sich im "Justus Delbrück Haus | Akademie für Mitbestimmung" und diskutierten über gutes Leben und Lebensqualität. Die 16- bis 30-jährigen kommen aus schwierigen Familienverhältnissen und lebten zeitweise auf der Straße. Dieser Hintergrund hat ihre Persönlichkeit und die Sichtweise auf Lebensqualität stark geprägt. Aus diesem Grund engagieren sie sich für die Belange von Straßenkindern.

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"Mein Name ist Mensch"

"Ich arbeite schon seit 25 Jahren mit jungen Menschen aus problematischen Verhältnissen und bin jedes Mal völlig bewegt und begeistert von ihrer Empathie und Leidenschaft", sagte Gabriela Schützler, Geschäftsführerin von KARUNA e.V. und Veranstalterin des Bürgerdialogs. Am Samstag debattierten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer insbesondere über Mindestlohn, bezahlbaren Wohnraum, das Bildungssystem und über soziale Aspekte wie Geborgenheit, Vertrauen, Nächstenliebe und Zusammenhalt. In einer zweiten Gesprächsrunde fokussierten sie Aspekte zu Gesetzen und Recht sowie Finanzen. "Wir leben in einem reichen Land und trotzdem gibt es bei uns Armut. Das kann so nicht sein", sagte eine der Teilnehmerinnen. Eine andere meinte: "Ich habe ein Recht auf Liebe und Freiheit, wie jeder andere auch. Denn mein Name ist Mensch."

Fördern und fordern

Das alte Bahnhofshaus in Jamlitz steht auf einem 20.000 Quadratmeter großen Gelände, bietet 33 Schlafplätze, einige Seminarräume und eine große Gemeinschaftsküche. Die gemeinnützige Organisation KARUNA e.V. kaufte das Haus 2007, seither finden hier verschiedene Bildungsseminare statt. "Pro Monat treffen sich mehrere Gruppen bei uns, die sich zu unterschiedlichen Themen weiterbilden", sagte Geschäftsleiterin Gabriela Schützler. Das sind zum Beispiel Demokratiebildungs-Seminare oder Angebote für Mädchen und junge Frauen mit Migrationshintergrund. Gefördert wird das Justus Delbrück Haus von der Walter Blüchert Stiftung, Children for a better World, Aktion Mensch sowie der Drosos- und HIT-Stiftung.

Hilfe für Kinder und Jugendliche

Organisiert wurde der Bürgerdialog von der Ständigen Vertretung der Straßenkinder und KARUNA e.V. Seit 1990 unterstützt die gemeinnützige Organisation in Berlin vor allem suchtgefährdete und -kranke Kinder und Jugendliche sowie deren Eltern. Zu KARUNA gehören beispielsweise das Café Pavillon, in dem straffällig gewordene Jugendliche Sozialstunden ableisten können, und DRUGSTOP, wo unter anderem Drogenberatung, Mode- und Gärtnerkurse und Freizeitgestaltung angeboten werden. Die Ständige Vertretung der Straßenkinder ist ein Bündnis von jungen Menschen, die sich für Kinder und Jugendliche einsetzen, die am Rande der Gesellschaft leben. Mit Unterstützung von KARUNA bereiten sie derzeit den 2. Bundeskongress der Straßenkinder vor, der im September stattfindet.

Kommentare: 5

  • Wunderbar, dass die Jugendlichen aufgestanden sind um sich selbst Gehör zu verschaffen. Gut auch, dass sie darin unterstützt werden, so z.B. durch KARUNA Zukunft für Kinder und Jugendliche in Not.

    www.strassenkinderkonferenz.jimdo.com

  • Jeder mag seine Erfahrungen mit jungen Menschen und Menschen allgemein haben, ich war und bin da auch fassungslos, was man da so erleben darf im Alltag, leider nicht als nur Ausnahme. Wir können hier nur feststellen, jeder aus seiner Sicht, was man erlebt, ohne Vorwürfe. Ich kämpfe dafür, dass junge Menschen ihren Wert in der Gesellschaft entdecken, ihre Schätze für sich und die Zukunft nutzen und einbringen, aber es ist ein mühsamer Weg und oft erlebe ich dann Desinteresse, es gibt eben andere interessantere Dinge im Leben. Ich kann es verstehen, viele Begabte und Hochbegabte wurden und werden weder vom Elternhaus, anderen Erziehenden und der Schule entdeckt, sie landen dann nicht selten im Abseits oder in Langzeitarbeitslosigkeit. Wir sind da als Gesellschaft eben viel mehr gefordert, wirklich zu handeln und Brücken zu bauen. Gruß- Uwe

  • Also ich muss sagen, ich bin fassungslos ob der Kommentare meiner Vorgänger. Wie man in dem Beitrag lesen kann (wenn man ihn denn aufmerksam liest), bewegen sich diese jungen Menschen sehr wohl - sie besuchen Bildungsseminare, organisieren einen Bundeskongress und nehmen nicht zuletzt am besagten Bürgerdialog teil (und das, obwohl sie das "Gute Leben in Deutschland" vermutlich nur aus der Werbung kennen). Ich finde es zutiefst schade, dass man einem solchen Engagement mit stumpfer Misanthropie (der Autor des besagten Kommentars ist sich scheinbar nicht bewusst, dass er zur selben Spezies gehört) oder mit dem Vorwurf der Verweigerung begegnet. Ich für meinen Teil wünsche den Jugendlichen, dass es ihnen gelingt, sich Gehör zu verschaffen und die Politik, aber auch die breite Öffentlichkeit, für die Probleme benachteiligter Kinder und Jugendlicher (nicht nur) in Deutschland zu sensibilisieren.