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"Niemand ist vollständig"

Am Mittwoch diskutierte Bundeskanzlerin Angela Merkel im Schulzentrum Paul Friedrich Scheel in Rostock mit 29 Schülerinnen und Schülern über gutes Leben. Es war die 99. Dialog-Veranstaltung – und die zweite mit direkter Beteiligung der Bundeskanzlerin.

Veröffentlicht:16.07.2015 Kommentare: 81

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KiKa: Zukunftsmacher Spezial - Jugenddialog

Folge vom 18. Juli 2015

"Ich sag erstmal Guten Tag." Mit diesen Worten begrüßte Bundeskanzlerin Angela Merkel die Schülerinnen und Schüler in Rostock. Einer der beiden Moderatoren sagte zu Beginn: "Wir haben uns gefragt, was Sie heute wohl tragen werden". Die Schüler kicherten, die Bundeskanzlerin schaute an ihrem lindgrünen Sakko herunter, schmunzelte und sagte: "Geht doch, oder?" Es herrschte eine lockere, aber konzentrierte Atmosphäre.

Höheres Bewusstsein

"Uns ist wichtig, dass die Bundesregierung mehr für Umwelt und Klima unternimmt", wünschten sich zwei Schülerinnen. Ihnen sind Müllbeseitigung, Tierhaltung und Erneuerbare Energien wichtig. Menschen sollten weniger Müll erzeugen, Tiere bräuchten mehr Platz sowie sauberere Käfige und Gehege. Zudem müssten noch mehr Erneuerbare Energien genutzt werden. Die Bundeskanzlerin sagte dazu: "Es ist wichtig, dass wir uns mit der Nahrungsmittelproduktion auseinandersetzen. So wird ein höheres Bewusstsein für die Lebensumstände der Tiere geschaffen, aber auch für die Qualität der Lebensmittel." Im Anschluss wünschten sich die Schülerinnen und Schüler ein Statement zu den Klimazielen der Bundesregierung. Angela Merkel erklärte, dass sich die deutsche Politik verpflichtet habe, künftig weniger CO2-Ausstoß zu verursachen. Deshalb produzierten einige Braunkohlekraftwerke nicht mehr aktiv. "Zudem ist die Windenergie bei uns auf dem Land bereits sehr effektiv", sagte die Kanzlerin. Ein Einwand folgte von Seiten der Schüler: "Ja, aber die schießen wie Pilze aus dem Boden und sind sehr laut."

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Schnellere Asylverfahren

Das nächste Themenfeld war die Gleichberechtigung und Integration. Eine palästinensische Schülerin aus dem Libanon erklärte, dass ihre Familie nur ein vorläufiges Bleiberecht habe und jederzeit abgeschoben werden könne. "Solange ich nicht weiß, ob ich hier bleiben darf, weiß ich auch nicht, wie meine Zukunft sein wird. Ich würde so gerne in Deutschland studieren. Es ist ungerecht dabei zuzusehen, wie andere das Leben genießen können und man das selber nicht so machen kann", so die Schülerin. Angela Merkel entgegnete ihr, dass Asylanträge künftig schneller bearbeitet würden. "Wir etablieren derzeit ein beschleunigtes Asylverfahren. Aktuell brauchen wir im Durchschnitt fünf Monate. In Zukunft wollen wir es in drei bis vier Monaten schaffen", erklärte die Kanzlerin. Das Mädchen musste weinen und wischte ihre Tränen mit einem Taschentuch weg. Angela Merkel ging auf die Schülerin zu und tröstete sie mit den Worten: "Du hast das ganz toll gemacht". Daraufhin gab es großen Applaus für die junge Libanesin.

Mehr Gleichberechtigung

Nach diesem emotionalen Moment wurde die Anerkennung von gleichgeschlechtlichen Beziehungen diskutiert. “Ich bin homosexuell und kann es nicht nachvollziehen, warum die Homo-Ehe nicht anerkannt wird und warum gleichgeschlechtliche Paare keine Kinder adoptieren dürfen“, sagte ein Schüler. “Meiner Meinung nach ist Ehe die Verbindung von Mann und Frau. Aber diese Diskussion ist innerhalb der Bundesregierung noch nicht abgeschlossen. Wir müssen weiterhin darüber debattieren“, entgegnete die Bundeskanzlerin. Zudem wurde auch die Gleichstellung von Männern und Frauen in der Berufswelt besprochen. Eine Schülerin bemängelte die Vereinbarkeit von Kindern und Karriere. Es sei schwierig, Kinder zu erziehen und gleichzeitig zu arbeiten. Die Kanzlerin ermutigte insbesondere die anwesenden Mädchen: "Fallt nicht in alte Rollenmuster zurück, wir müssen raus aus diesen Bahnen." An die Schülerinnen appellierte die Kanzlerin: "Überlegt euch doch mal, einen naturwissenschaftlichen Beruf zu ergreifen." Und den Jungen riet sie: "Ihr könnt auch Krankenpfleger oder Erzieher werden." Die Kindererziehung sei Aufgabe beider Elternteile gleichermaßen. Außerdem seien Beruf und Familie heute leichter vereinbar, die Kinderbetreuung in Deutschland würde stetig ausgebaut.

Weniger Berührungsängste

Das Thema Inklusion lag den Schülerinnen und Schülern besonders am Herzen. Obwohl an ihrer Schule das Zusammenleben von behinderten und nicht behinderten Kindern gut funktioniert, ist den Schülern bewusst, dass die Inklusion noch lange nicht alle Lebensbereiche erreicht hat. "Das Konzept ist gut, die Umsetzung oft schwierig", erzählte ein Schüler. Viele Menschen hätten nicht genügend Toleranz und Sensibilität, wenn sie Behinderten im Alltag begegnen. Hier sah auch die Bundeskanzlerin Verbesserungsmöglichkeiten. Es gebe meist Hemmungen und Berührungsängste: "Viele haben noch nie einen Behinderten kennengelernt oder mit Behinderten gesprochen." Man müsse offen aufeinander zugehen und Ängste und Vorurteile abbauen. "Niemand ist vollständig", so die Kanzlerin. "Ich war immer schlecht im Sport. Niemand kann von sich behaupten, der ideale Mensch zu sein. Daher sollte man nachsichtig miteinander umgehen." Einig waren sich alle darin, dass für Unternehmen mehr Anreize geschaffen werden sollten, Menschen mit Behinderung einzustellen. Auch die Barrierefreiheit im öffentlichen Raum war ein wichtiges Thema für die Schülerinnen und Schüler.

Nach rund 90 Minuten endete eine lebhafte Diskussion. Alle Teilnehmer applaudierten einander und gingen mit vielen Anregungen nach Hause.

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Kommentare: 81

  • um solche Situationen zu mildern und den Menschen wirklich zu helfen sollten wir als allererstes keinerlei Kriegswaffen mehr an andere Länder verkaufen. Es ist in höchstem Maße zynisch, wenn sich die Bundeskanzlerin hinstellt und ein Mädchen tröstet, das von zu Hause fliehen musste, weil es dort keine Zukunft für junge Menschen gibt. Das hat vielerlei Gründe, einer davon ist Krieg. Und so lange wir mit dem Verkauf von Kriegswaffen Geld "verdienen", so lange fördern wir die Flüchtlingsströme und erzeugen die Tränen der jungen Menschen, die zu uns kommen, weil sie von uns Hilfe erwarten, die wir ihnen nicht zu geben bereit sind.
    Wir brauchen ein anderes Gesellschaftsmodel. Eine Gesellschaft für die Menschen und nicht wie jetzt gegen sie. Wir brauchen eine funktionierende Demokratie für die Menschen und nicht eine Demokratie, die sich dem "Markt", was auch immer damit gemeint sein mag, unterzuordnen hat. Eine "marktkonforme Demokratie" gibt es nicht Frau Bundeskanzlerin!

  • Michael Kober,

    merkwürdige Einbildungen offenbaren Sie. Ein Generalverdacht fiele mir nicht mal im Traum ein. Sie missverstehen Meinungsfreiheit wie Gast Peter Garden, und beteiligen sich damit an dem, was uns in immense Schwierigkeiten bringt! Mit Unwahrheiten und Übertreibungen hat sich noch nie was verbessert!

    Unsere Bundeskanzlerin hat auch das Recht, PR zu machen, wie Sie und alle anderen auch. Doch ob all das, was tatsächlich an die Ohren der Regierenden dringt, auch wirklich sinnvoll ist und umgesetzt werden kann, bestimmen immernoch die vielen Bürger, die mehr oder weniger tun, was man ihnen sagt. Weil sie sich immernoch zu oft Ungerechtigkeiten und Unrecht gefallen lassen. Sie wissen ja selbst nicht, was gerecht ist und wollen auch von Recht nichts wissen.

    Wäre man nicht selbst mitbetroffenen, könnte man fast schadenfreudig werden. Denn die vielen, die sich ohnmächtig fühlen, sind nur sehr bequem und schieben ihre Mitverantwortung ganz gerne Mächtigen über sich zu.

  • Also Humor habt Ihr ja schon ;-) .

    Statt mein zensiertes Posting zu suchen und zu posten, postet Ihr nur meine "Verlustmeldung". Finde ich lustig.

    Hier jetzt noch einmal eine Kurzfassung:

    Bitte liebe Frau Bundeskanzlerin, frag uns nicht in einer inszenierten One-Women-PR-Show, was wir wollen, um dann doch das Gegenteil davon zu machen.
    Sie wissen es doch längst (frag Google, campact, Volker Pispers, ...)

    Hier eine Liste:

    - nicht abgeschoben sondern nur gestreichelt werden (Thema des Blogs)
    - kein TTIP, CETA, TISA, NSA, Fracking, unwürdige Massentierhaltung, Tierquälerei,
    (Liste lässt sich unendlich fortsetzen)
    -kein EU-weites Lohndumping, Hartz 4 + Sanktionen, Aufstockerei.
    Das käme nicht nur uns deutschen zugute, sondern z.B. auch den Griechen
    - Teilhabe bei wichtigen Entscheidungen: Verfassung, Euro statt DM., TTIP usw. s.o.
    - Geldschöpfung durch den Staat und nicht durch räuberische Privatunternehmen (Banken genannt).
    Trennung von Staat und Kirche