Willkommen im Blog

Zwischen Leistungsorientierung und Lebensgenuss

Die sogenannte Generation Y setzt längst nicht mehr auf Karriere um jeden Preis, sondern auf eine ausgewogene Work-Life-Balance. Wie Arbeitgeber darauf reagieren und was dieser Ansatz für die eigene Lebensqualität tut, darüber spricht die Personalwissenschaftlerin Prof. Jutta Rump im Interview.

Veröffentlicht:27.05.2015 Kommentare: 9

empfehlen

Frau Prof. Rump, wer ist die Generation Y und warum reden gerade alle über sie?
J. R.: Es gibt unterschiedliche Abgrenzungen und Definitionen zu Generation Y. Wir verstehen darunter diejenigen, die etwa ab 1980 geboren sind und bereits ihre ersten Schritte im Berufsleben unternommen haben bzw. gerade einsteigen. Gerade im Vergleich zu den Babyboomern, den geburtsstarken Jahrgänge der Nachkriegsgeneration, zeigen sich einige Unterschiede in den Werten und Einstellungen, sodass im Miteinander der Generationen schon "Gesprächsbedarf" entsteht.

Was ist der Generation Y in Bezug auf ihre Arbeit wichtig?
J. R.: Starre Organisationsformen mit einer hohen Anwesenheitsorientierung entsprechen nicht mehr dem Lebensstil der jüngeren Generation. Sie wünscht sich Flexibilität sowohl in Bezug auf die Arbeitszeit als auch auf den Arbeitsort. Es ist für sie selbstverständlich, ergebnisorientiert zu arbeiten und eben nicht anwesenheitsorientiert. Grundsätzlich bewegt sich die Generation Y in Spannungsfeldern zwischen Leistungsorientierung und Lebensgenuss. Das heißt, sie sind durchaus engagiert und leistungsstark, aber erwarten gleichzeitig, dass ihnen ihr Job Spaß macht und sie einen Sinn in dem sehen, was sie tun. Karriere definieren sie nicht mehr zwangsläufig als vertikalen Aufstieg, der mit Status und Prestige einhergeht. Sie streben vielmehr nach einer "sanften Karriere", die im Lebensverlauf unterschiedliche vertikale und horizontale Karriereschritte, vor allem aber auch Raum für private Belange zulässt.

Ziehen sich die Vorstellungen der Generation Y durch alle Ausbildungs- und Berufsschichten?
J. R.: Grundsätzlich ja, allerdings werden naturgemäß diejenigen, die am Arbeitsmarkt als Fachkräfte begehrt sind, sehr viel eher ihre Vorstellungen durchsetzen können als die Geringqualifizierten. Wobei festzustellen ist, dass immer mehr Unternehmen gezielt Programme für Jugendliche ohne Abschluss anbieten, um auch deren Potenzial verstärkt zu heben.

Wie reagieren Arbeitgeber generell auf die Forderungen der Generation Y?
J. R.: Arbeitgebern wird immer mehr bewusst, dass sie angesichts der demografischen Entwicklung in einem starken Wettbewerb um die gut qualifizierten Nachwuchskräfte stehen. Dies umso mehr in bestimmten Branchen und Regionen, in denen wir heute schon Fachkräfteengpässe beobachten. Da liegt es auf der Hand, dass man eher Zugeständnisse macht. Schwierig ist es teilweise im Miteinander der Generationen – denn es fällt vielen Babyboomern, die für ihre Karriereentwicklung private Belange über Jahre hintenan gestellt haben, schwer zu akzeptieren, dass jüngere Kollegen zur "Karriere um jeden Preis" nicht mehr bereit sind, aber dennoch einen ähnlichen Werdegang anstreben wie sie selbst.

Gelingt es der Generation Y tatsächlich, mit ihrer Idee der Work-Life-Balance ihre Lebensqualität zu verbessern?
J. R.: Gerade die verschwimmenden Grenzen zwischen Beruf und Privatleben, mit denen die Generation Y groß geworden ist, bergen sowohl Chancen als auch Risiken. Dessen sind sich die Vertreter dieser Generation auch durchaus bewusst und gehen auch offen mit möglichen Überlastungssituationen um. Denn für sie ist klar, dass sie eine sehr lange Lebensarbeitszeit vor sich haben und diese nur "durchhalten" können, wenn sie ein gesundes Maß zwischen Be- und Entlastung finden.

Kommentare: 9

  • Erst einmal vielen Dank liebe Redaktion für dieses spannende Interview. Als 1996 geborener Mensch gehöre ich wohl gerade noch so zur Generation Y und stimme ,,Gast" vollkommen zu. Klar haben wir genau wie viele Generationen vor uns gewisse Wertevorstellungen und versuchen sie gewinnbringend einzusetzen, aber was uns vor allem ausmacht ist unser Drang zu hinterfragen. Wenn dadurch die bisherigen Eliten in der Bedeutungslosigkeit verschwinden kann ich nur sagen:,,Selber Schuld!" Wer uns eine solche kaputte, kriminelle und korrupte Welt hinterlässt und dann noch vorschreiben will,was wir zu tun und zu lassen haben, der gehört sozial ausgegrenzt und fertig! Es bahnt sich eine stille Revolution an, aber glauben sie mir werte Bundesregierung, die wird es in sich haben!

  • Schon heute sollen und müssen Menschen ja funktionieren, werden in Raster und Schubladen gesteckt oder auch verbogen, das ist leider so. Schlimm, sehr viele Menschen gehen daran innerlich, also auch psychisch- seelisch kaputt, wollen das aber nicht zugeben, lösen das u.a. mit Mund halten, brav sein und Medikamenten einnehmen. Nichts gegen Arbeit, aber Arbeit darf die Menschen nicht überfordern, Ängste verursachen, weil es ja in vielen auch gut bezahlten Bereichen immer weniger Arbeit gibt und geben wird. Man muss den Menschen ihre Existenzgrundlage sichern, auch denen, die eben nicht arbeiten können. Das ist ein spannendes Thema.

  • Ist Anpassung der Wunsch der Generation Y oder ist es eher der Wunsch einer führenden Elite die Menschen in bestimmte Schubladen stecken zu können, aus denen man sie bei Bedarf wieder herausholen kann? Es ist nun einmal ein natürlicher Vorgang, dass man zum Überleben arbeiten muss, anders bekommt man den Tagesbedarf an Essen und Trinken nicht auf die Reihe und auch die Wohnsituation dürfte ohne Arbeit eher schwierig zu gestalten sein. Ob man nun viel oder wenig Arbeit für seine Lebensansprüche in Kauf nimmt, das obliegt doch jedem selbst, unabhängig welcher Zeit er sich zuschreiben lässt, so spielt sich sein Leben jetzt ab und nicht in der Vergangenheit oder gar in einer undefinierbaren Zukunft. Offensichtlich gibt es Tatsachen mit denen kann unsere Politik nicht so umgehen, dass daraus ein erträgliches Leben für die Betroffenen wird. Probleme werden definiert, geplant und vorprogrammiert, doch damit beraubt sich der Mensch seiner eigenen Kreativität und Spontanität zur Lösungsfindung.